Druckartikel: Söder wütet nach Bundestagswahl gegen Wahlrecht - "unfair und undemokratisch"

Söder wütet nach Bundestagswahl gegen Wahlrecht - "unfair und undemokratisch"


Autor: Strahinja Bućan, Agentur dpa

München, Montag, 24. Februar 2025

Wie gewonnen, so zerronnen: Die CSU hat bei der Bundestagswahl alle Direktmandate in Bayern geholt - dennoch kommen nicht alle in den Bundestag. Parteichef Söder ist sauer.


Angeschlagene Stimmung trotz Wahlsieg: Nach der Bundestagswahl hat sich CSU-Chef Markus Söder über die praktischen Konsequenzen beschwert.

Neben aller Freude über das Ergebnis der CSU und der Union insgesamt gebe es am Tag danach auch Nachdenklichkeit und ein Gefühl von Ärger über das «unfaire und undemokratische Wahlrecht», sagte der bayerische Ministerpräsident nach einer CSU-Vorstandssitzung in München. Die CSU hatte nach dem vorläufigen Endergebnis 37,2 Prozent der Stimmen in Bayern erhalten und entsendet 44 Abgeordnete in den Bundestag.

Söder ätzt gegen neues Wahlrecht - weniger Mandate als Erststimmen-Sieger

Bei der Wahl hatte sie aber alle 47 Wahlkreise direkt gewonnen, weshalb die drei Direktkandidaten mit den schlechtesten Ergebnissen nicht im Bundestag vertreten sein werden. Konkret betrifft dies Volker Ullrich (Augsburg), die Claudia Küng (München) und Sebastian Brehm (Nürnberg). Auch der Wunsch-Kandidat Söders für das Amt des Agrarministers, Günther Fleßner, kam trotz Top-Listenplatzierung in Nürnberg nicht ins Parlament.

Es sei keine Selbstverständlichkeit in der Geschichte der CSU gewesen, alle Wahlkreise zu gewinnen, betonte Söder. Umso ärgerlicher sei das "unfaire Wahlrecht", welches er als letzten unfairen Gruß der Ampel an den Süden bezeichnete.

Ähnlich sehen es auch seine Parteikollegen. So gefährden die Folgen des neuen Bundestagswahlrechts nach Ansicht von CSU-Vorstandsmitglied Eva Weber das Vertrauen der Menschen in die Demokratie. Die Politik müsse nun "ganz arg darauf achten", dass der bereits jetzt spürbare Entfremdungsprozess zwischen der Bevölkerung und der Politik durch "solche Spielchen" nicht verstärkt werde, sagte die Augsburger Oberbürgermeisterin vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. 

Augsburger Abgeordneter nach Mandatsverlust sauer

Es sei unsäglich, dass drei direkt gewählte CSU-Kandidaten kein Mandat erhielten, weil diese nicht durch das Parteiergebnis gedeckt seien. "Das ist genau das, was wir befürchtet haben mit der Wahlrechtsreform", sagte Weber. 

"Wir werden jetzt die Situation haben, dass die Augsburgerinnen und Augsburger nicht verstehen werden, dass sie keinen direkten Abgeordneten mehr haben. Und es ist einfach wahnsinnig bitter, weil Volker Ullrich, ein exzellenter Bundestagsabgeordneter, sich sehr eingesetzt hat, nicht nur für Augsburg, sondern für Bayern und für die Menschen." Weber sprach von einem bitteren Ergebnis.

CSU-Politiker Ullrich selbst nannte das neue Wahlrecht auf der Plattform X "unfair und undemokratisch". "Den hart umkämpften Wahlkreis Augsburg habe ich mit 31,1% und über 10 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen. Und dennoch nicht im Bundestag?", schrieb Ullrich. "Verloren haben vor allem meine Wähler und das Vertrauen in die Demokratie."

Ullrich soll Grünen-Wahlkreiskandidatin Handschlag verweigert haben

Ein Video eines BR-Reporters zeigte Ullrich am Wahlabend sichtlich aufgebracht im Gespräch mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth in Augsburg. "Sie sind keine Demokratin diesbezüglich", sagte Ullrich zur der Grünen-Wahlkreiskandidatin. "Das Wahlrecht war antidemokratisch."

Mehreren Medien zufolge soll der CSU-Politiker Konkurrentin Roth und einem FDP-Abgeordneten zudem den angebotenen Handschlag verweigert haben. Ullrich äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht dazu.

Die CSU hatte nach dem vorläufigen Endergebnis 37,2 Prozent der Stimmen in Bayern erhalten und entsendet 44 Abgeordnete in den Bundestag. Bei der Wahl hatte sie aber alle 47 Wahlkreise direkt gewonnen, weshalb die drei Direktkandidaten mit den schlechtesten Ergebnissen nicht im Bundestag vertreten sein werden. Neben Ullrich betrifft dies auch die Münchnerin Claudia Küng und den Nürnberger Sebastian Brehm.

Bundesweit gehen 23 erfolgreiche Direktkandidaten leer aus

Bundesweit sind 23 Kandidaten von der Neuregelung betroffen. Wie aus dem vorläufigen amtlichen Endergebnis hervorgeht, teilen neben den drei CSU-Politikern auch 15 von der CDU, vier von der AfD und einer von der SPD dieses Schicksal. Ihre Wahlkreise liegen unter anderem in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern, in Ost- und in Norddeutschland. All diese Wahlkreise sind nicht mehr durch ein Direktmandat im Bundestag vertreten.