Polizeischuss bei Wasserschlacht: Beamter verurteilt - keine "schießwütige Maschine"

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Prozess gegen Polizisten wegen Schussabgabe
Ein Polizist wurde in Augsburg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt - er hatte bei einer Wasserschlacht geschossen.
Prozess gegen Polizisten wegen Schussabgabe
Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

An einem außergewöhnlich heißen Tag veranstalten Polizisten vor einem Fußballstadion in Augsburg eine spontane Wasserschlacht. Plötzlich löst sich ein Schuss aus einer Dienstwaffe. Nun wurde der Beamte verurteilt - und befürchtet heftige Konsequenzen.

Update vom 23.08.2024: Nach Polizeischuss bei Wasserschlacht - Beamter verurteilt

Weil er bei einer Wasserschlacht mit seiner Dienstwaffe in einen Polizeibus geschossen hat, ist ein 28 Jahre alter Polizist vom Landgericht Augsburg verurteilt worden. Das Gericht verhängte eine Strafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und Sachbeschädigung. Außerdem muss er eine Geldauflage von 5000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. 

Das Projektil aus der abgefeuerten Dienstwaffe hatte bei dem Vorfall im August 2023 einen Polizisten in einem Mannschaftsbus nur um Haaresbreite verfehlt und eine Scheibe durchschlagen. Vier Beamte in dem Bus erlitten Knalltraumata. Der Mann hatte angegeben, er könne sich nicht erklären, warum er geschossen hatte. Er wisse nur noch, dass er gesehen habe, dass einer der Polizisten im Wagen eine Wasserpistole in der Hand hatte, sagte der 28 Jahre alte Angeklagte - und daran, dass er dachte: "Scheiße, Beschuss!". Dann habe er einen lauten Knall gehört sowie gesehen, wie ein Kollege in dem Wagen ihn "kreidebleich" und entsetzt angestarrt habe - und gemerkt, dass er seine Waffe in der Hand hielt. 

Daran, den Schuss abgegeben zu haben, könne er sich nicht erinnern: "Ich hab gar nichts gedacht, weil ich nicht mal gewahr wurde, dass ich gerade die Waffe in der Hand hatte". Beim Start des Prozesses gab er zunächst an, zu vermuten, er habe wegen der zahlreichen Schießtrainings im Rahmen seiner Ausbildung reflexartig reagiert.  Das Gericht glaubte dies nicht und entsprach mit seinem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte sei durch seine Ausbildung keine "schießwütige Maschine", betonte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Er sprach von "eklatantem Versagen". 

Nur weil der Mann noch eingeräumt hatte, einen Fehler gemacht zu haben, werde die Strafe überhaupt zur Bewährung ausgesetzt, sagte der Richter nach Angaben eines Gerichtssprechers. Der Polizist hätte ansonsten für die Tat auch im Gefängnis landen können. Die Verteidigung des Polizisten hatte eine Strafe von unter einem Jahr auf Bewährung gefordert - und das aus gutem Grund. Wenn nämlich das verhängte Urteil rechtskräftig wird, verliert der junge Mann seinen Beamtenstatus und kann nicht mehr als Polizist arbeiten. 

Bei einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr ist die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zwingend, wie ein Gerichtssprecher ausführte. Bleibt sie unter einem Jahr, gibt es im Beamtenrecht noch einen Spielraum und die zumindest theoretische Chance darauf, den Job weiter auszuführen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben eine Woche Zeit, Rechtsmittel einzulegen. 

Ursprungsmeldung: Bayerische Polizisten liefern sich Wasserschlacht - dann löst sich ein Schuss

Eigentlich sollte es ein großer Spaß werden: Polizisten der bayerischen Spezialeinheit USK albern an einem heißen Sommertag im August 2023 vor einem Bundesligaspiel vor dem Augsburger Stadion herum. Sie greifen sich mit Wasserpistolen und einer selbstgebauten Wasserbombe an.

Dann fällt ein Schuss aus einer Dienstwaffe. Das Projektil verfehlt einen Polizisten in einem Mannschaftsbus nur um Haaresbreite. Wie konnte es dazu kommen? Diese Frage muss das Landgericht Augsburg beantworten. Dort hat der Prozess gegen den Polizisten begonnen, der den Schuss abfeuerte, sich nach eigenen Angaben daran aber nicht mehr erinnern kann. 

Kollege um Haaresbreite verfehlt - Schuss löst sich bei Wasserschlacht

Er könne sich nur noch daran erinnern, dass er gesehen habe, dass einer der Polizisten im Wagen eine Wasserpistole in der Hand hatte, sagte der 28 Jahre alte Angeklagte - und daran, dass er dachte: "Scheiße, Beschuss!". Dann habe er einen lauten Knall gehört sowie gesehen, wie ein Kollege in dem Wagen ihn "kreidebleich" und entsetzt angestarrt habe - und gemerkt, dass er seine Waffe in der Hand hielt.  Daran, den Schuss abgegeben zu haben, könne er sich nicht erinnern: "Ich hab gar nichts gedacht, weil ich nichtmal gewahr wurde, dass ich gerade die Waffe in der Hand hatte."

An alles, was davor und danach geschah, könne er sich gut erinnern - nur an die wenigen Sekunden, in denen er geschossen haben muss, nicht. Er und sein Kollege seien mit einer Wasserpistole angegriffen worden und hätten sich daraufhin mit einer aus einem Gummihandschuh gebastelten Wasserbombe und einer eigenen Wasserpistole bei den Kollegen rächen wollen. Er habe sich dazu an das Auto der Kollegen angeschlichen. "Es hatte einen reinen Spaßcharakter an diesem Tag", sagte der Polizeibeamte. 

Doch aus diesem Spaß wurde beinahe tödlicher Ernst. Denn als sich die Tür des Polizeiwagens öffnete, fiel laut Staatsanwaltschaft ein Schuss, der den Kopf von einem der vier Polizisten in dem Auto nur um Millimeter verfehlte und eine Scheibe durchschlug. Die Polizisten erlitten Knalltraumata, derjenige, dessen Kopf das Projektil nur kurz verfehlte, außerdem ein Schusstrauma und einen Schock. Ein Polizist wurde durch die Splitter der Scheibe leicht verletzt. Getroffen wurde auch ein Fanbus von Borussia Mönchengladbach, der sich hinter dem Polizeiwagen befand. 

Polizist mit Erinnerungslücken - Richter bezweifelt Version

Der 28-Jährige gab an, er gehe davon aus, die Situation habe nach den zahlreichen Schusstrainings im Rahmen seiner Ausbildung einen Reflex ausgelöst. Er schäme sich für das, was geschehen ist. "Das war unprofessionell, ein derartiges Wasserspiel im Einsatzgeschehen mit scharfer Ausrüstung." Der Vorsitzende Richter Christoph Kern äußerte Zweifel an der Geschichte des 28-Jährigen: "Auf einmal sollen zweieinhalb Sekunden aussetzen – warum?" 

Kollegen, die das Geschehen aus anderen Fahrzeugen heraus beobachteten, schilderten, wie der Angeklagte einen mit Wasser gefüllten Handschuh in den Mannschaftswagen warf, dann die Waffe zog, wie dann der Schuss fiel und wie sich direkt danach ein Schock im Gesicht des Mannes breit machte. Er sei bleich gewesen, habe gezittert, hilflos gewirkt und mehrfach gefragt: "Wie konnte das passieren? Warum ist das passiert?" Zwei Polizisten schilderten, dass der 28-Jährige bei der Wasserschlacht eine Sprühflasche dabeihatte. Einer sagte, er habe diese zeitweilig auch am Gürtel seiner Uniform getragen - in unmittelbarer Nähe zu seiner Dienstwaffe.

Der Polizist ist wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und Sachbeschädigung angeklagt. Das Gericht hat insgesamt drei Verhandlungstermine für den Prozess angesetzt und einen vierten unter Vorbehalt. Das Urteil könnte demnach an diesem Donnerstag (22. August) oder am 5. September fallen.