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"Parkhausmord" an reicher Witwe aus Bayern: Saß der Angeklagte 17 Jahre unschuldig in Haft?


Autor: Alexander Milesevic, Agentur dpa

München, Mittwoch, 04. Dezember 2024

2006 starb eine Münchner Parkhaus-Millionärin, rund 17 Jahre saß ihr Neffe wegen Mordes in Haft - und beteuerte seine Unschuld. Wird der Fall nun neu aufgerollt?
Der damalige Angeklagte Benedikt T. (r.) sitzt am Dienstag (12.08.2008) im Schwurgericht München im Sitzungssaal hinter seinem Verteidiger Peter Witting (l.). Für den Mord an einer Münchner Parkhaus-Millionärin ist der angeklagte Neffe des Opfers damals zu lebenslanger Haft verurteilt worden.


Für den Mord an seiner wohlhabenden Tante saß Benedikt T. fast 17 Jahre in Haft, genauso lange beteuerte er seine Unschuld. Der Fall, bekannt als Münchner "Parkhausmord", könnte nun erneut untersucht werden.

Das Landgericht Augsburg hat beschlossen, den dritten Wiederaufnahmeantrag von Benedikt T. in zwei Punkten zuzulassen, wie das Gericht bestätigte. Der Beschluss stützt sich auf eine neue Aussage einer Zeugin, die sich in der Hauptverhandlung am Landgericht München I noch auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen hatte.

Gutachten könnten neue Beweise zu Münchner "Parkhausmord" liefern

Hinzu kommen zwei neue Gutachten zum Tatgeschehen, die "möglicherweise neue Beweise" liefern. "Das Gericht schloss in seiner Entscheidung eine mögliche Auswirkung auf den Schuldspruch nicht aus", heißt es in der Mitteilung.

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Ob der "Parkhausmord" in einer Hauptverhandlung erneut behandelt wird, ist damit allerdings noch nicht entschieden. Eine rechtskräftige Entscheidung würde zunächst ein nicht-öffentliches Probationsverfahren einleiten, in dem Zeugen und Experten gehört werden, um zu prüfen, ob die angegebenen Gründe eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen. Erst danach wird entschieden, ob der Fall noch einmal vor Gericht verhandelt wird. 

Nach rund 17 Jahren in Haft wurde der Neffe der ermordeten High-Society-Witwe im vergangenen Jahr aus dem Gefängnis entlassen. Die wohlhabende Witwe war im Mai 2006 in ihrer Penthouse-Wohnung erschlagen worden.

Neffe hatte stets seine Unschuld beteuert

Kurz darauf wurde ihr damals 33 Jahre alter Neffe festgenommen und 2008 wegen Mordes aus Heimtücke und Habgier verurteilt. Er beteuerte stets seine Unschuld, sah sich als Opfer der Justiz. Der Fall sorgte über die Jahre immer wieder für Aufmerksamkeit, da Familie und Freunde seine Unschuld beweisen wollten.

Auch das Fernsehen berichtete, zuletzt mit einer True-Crime-Dokumentation auf Sky, "Der Parkhausmord - Wer tötete Charlotte Böhringer?"

In der Dokumentation äußert sich der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude skeptisch gegenüber der Unschuld des Neffen, jedoch kritisiert er die Anklagen als fragwürdig und die Ermittlungen als fehlerhaft. Demnach sei die Kette der Vorwürfe so fragwürdig gewesen, so voreingenommen und manches so fehlerhaft, dass man einen Menschen damit nicht für Jahrzehnte hätte hinter Schloss und Riegel bringen dürfen. Auch Benedikt T. selbst erzählt in dem Film seine Sicht der Dinge. "Ich bin ja quasi wie lebend tot gewesen", reflektiert er seine Zeit in Haft.

Wiederaufnahmeverfahren selten erfolgreich

Wiederaufnahmeverfahren sind extrem selten erfolgreich. Zwischen 2009 und 2022 wurden in Bayern etwa 2.900 solcher Anträge zugunsten des jeweiligen Angeklagten gestellt, deren Erfolgsrate unbekannt ist. Ein Forschungsprojekt der Kriminologischen Zentralstelle wies von 1990 bis 2016 nur 31 erfolgreiche Wiederaufnahmen bundesweit aus.

In Bayern sorgte zuletzt der Fall von Manfred Genditzki für Aufsehen, der nach mehr als 13 Jahren Haft freigesprochen wurde und nun 750.000 Euro Entschädigung vom Freistaat Bayern verlangt. Er wurde im vergangenen Jahr von dem Vorwurf freigesprochen wurde, eine alte Frau in ihrer Badewanne ertränkt zu haben. 

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