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Corona-Wiesn und Grippe-Gaudi - Oktoberfest in München vor Virus-Welle?


Autor: Agentur dpa

München, Montag, 11. Sept. 2023

Volksfeste gelten grundsätzlich als Virus-Schleudern. Bei Impfungen noch für das Oktoberfest sind Experten kritisch.
Erreger haben auf dem Oktoberfest leichtes Spiel - nicht erst seit Corona.


Bald geht es wieder los in München. Von 16. September bis zum 3. Oktober findet das weltweit beliebte Oktoberfest statt. Mit Schrecken blicken die Wiesn-Fans zurück auf das Jahr 2020. Da ging nichts mehr. Das Fest fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Auch 2023 scheint der Virus wieder deutlich aktiver zu sein - mit Folgen?

In den vergangenen zwei Jahren blieb die Welle der Corona-Erkrankungen durch das Oktoberfest aus. Und auch jetzt bleiben die zahlreichen Infektiologen ruhig, wenn es um Sars-CoV-2 in Verbindung mit dem Fest in München geht. Doch Sorgenfalten gibt es dennoch. 

Oktoberfest als Brutstätte für Atemwegsinfektionen

Laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) werden ab Mitte September wieder rund sechs Millionen Gäste aus aller Welt in der bayerischen Landeshauptstadt erwartet. Und damit dürfte das Gedränge gerade in den Bierzelten wieder enorm sein. 

Experten erkennen eben darin den perfekten Spot für leicht übertragbare Atemwegsinfektionen. Schon in der Vergangenheit gab es immer wieder die sogenannte "Wiesn-Grippe". Und der Leiter der Infektiologie des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München, Christoph Spinner, ist sich sicher, dass auch im Jahr 2023 das Oktoberfest für eine steigende Zahl an Atemwegserkrankungen sorgen wird.

Eine Corona-Gefahr sieht aber auch er nicht. Wie viele seiner Kollegen bleibt er bei diesem Thema inzwischen deutlich entspannter: "Aber ich sehe keine Notwendigkeit, Sars-CoV-2 noch besonders herauszuheben."

Experten sicher: Keine Corona-Gefahr durchs Oktoberfest

Untermauert wird diese Ansicht auch durch Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie an der München-Klinik Schwabing, der Anfang 2020 die ersten Corona-Patienten in Deutschland behandelt hatte: "Es kann das Infektionsgeschehen durch die Wiesn etwas angeheizt werden." Es sei aber aus seiner Sicht, so schreibt es die dpa, anders als in den ersten beiden Pandemie-Jahren absolut vertretbar, das Volksfest wie früher zu feiern.

Atemwegsinfektionen

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung befallen bei Atemwegsinfektionen Krankheitserreger die Schleimhäute der Atemwege. Diese Erkrankungen sind sehr häufig, vor allem bei Kindern. Schnupfen, Husten oder Halsschmerzen sind typische Krankheitszeichen. Besonders im Herbst und im Winter sind unzählige Viren im Umlauf, die Erkältungen, aber auch schwerere Atemwegsinfektionen wie die echte Grippe (Influenza) oder COVID-19 verursachen können.

Wendtner macht deutlich: "Die Wiesn wird nicht dazu führen, dass die Intensivstationen volllaufen. Ich glaube nicht, dass wir eine riesige Welle wie bei Omikron erwarten. Da bin ich optimistisch für diesen Winter." 

Dennoch sollten Risikopatienten, Ältere und Gesundheitspersonal sich gegen Corona impfen lassen, ebenso gegen Grippe und unter Umständen auch gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). Im Jahr 2022 war die RSV-Saison sehr früh gestartet, im September und Oktober - eben genau zur Wiesn-Zeit. Für 2023 wird es daher mit einer Impf-Vorsorge zeitlich knapp.

Impfungen fürs Oktoberfest nicht mehr rechtzeitig

Und auch Christoph Spinner macht im dpa-Beitrag eines klar: "Wenn ich könnte, würde ich mich noch vor dem Oktoberfest gegen Influenza und Corona impfen lassen. Aber für einen Impfschutz rechtzeitig zur Wiesn wird es nicht reichen." 

Der Mediziner sieht in diesem Jahr besonders das RS-Virus im Fokus. Nach der Welle bei Kindern im vergangenen Winter sollte man das Virus nicht unterschätzen. Es trifft, da sind sich Experten einig, keineswegs nur Kleinkinder, sondern auch Erwachsene. Spinner: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass RSV auch auf dem Oktoberfest eine Rolle spielen wird." 

Die Zahl der Todesfälle aus den USA sei 2022 laut Wendtner überraschend hoch gewesen. Dazu heißt es weiter: "Zwei RSV-Impfstoffe sind inzwischen zugelassen – aber nur einer davon, Arexvy, ist in deutschen Apotheken verfügbar". 

Wiesn-Ärzte gehen von "Normalbetrieb" aus

Die Zahl Erkältungskrankheiten steigt gerade zu Volksfest-Hochzeit massiv an. Das Oktoberfest bietet dafür durch seine enorme Größe eben auch genug Nähboden. Eine extrem angespannte Lage erwartet aber definitiv keiner.

"Wir sind vorbereitet - auf alles, was passieren kann. Da gehören auch Infektionskrankheiten dazu", sagt Michel Belcijan von der Wiesn-Sanitätsstation der Aicher-Ambulanz gegenüber der dpa. Desinfektion und Mundschutz stünden bereit. Aber: "Wir gehen dieses Jahr von einem Normalbetrieb aus."