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München: Söder fordert nach Anschlag Gespräche mit Taliban


Autor: Alexander Milesevic, Agentur dpa

München, Montag, 17. Februar 2025

Abschiebungen nach Afghanistan sind nicht einfach. Die herrschenden Taliban sind international isoliert. Nach dem Attentat von München verlangt der CSU-Chef schnelle Verhandlungen mit den Islamisten.
Stilles Gedenken von Markus Söder (CSU, r.-l.), Ministerpräsident von Bayern, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Dieter Reiter (SPD), Münchens Oberbürgermeister, an der Stelle, wo in München ein Auto in eine Verdi Demonstration gerast war. Dabei wurden 39 Menschen teils schwer verletzt. Eine Mutter und ihre zweijährige Tochter starben.


Bayerns Regierungschef Markus Söder hat nach dem Anschlag von München sofortige Verhandlungen mit den Taliban über wöchentliche Abschiebeflüge nach Afghanistan gefordert. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) müssten ab Montag (17. Februar 2025) direkt mit den Taliban über Abschiebeflüge verhandeln, sagte der CSU-Vorsitzende gegenüber der Bild am Sonntag. "Es braucht jede Woche einen Flug."

Ein 24-jähriger Afghane war am Donnerstag in München mit seinem Wagen in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi gefahren und hatte dabei mindestens 39 Personen, einige davon schwer. Eine Mutter und ihre zweijährige Tochter starben am Samstag ihren Verletzungen. Ermittler vermuten derzeit, dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat. 

Scholz kündigt Abschiebung nach Verbüßen der Strafe an 

Söder hob hervor, dass es allein in Bayern nahezu 2.000 ausreisepflichtige Afghanen gebe. Knapp 200 von ihnen seien schwere Straftäter. "Ausreisepflichtige Afghanen müssen unser Land rasch verlassen, und der Neuzugang über Visa-Vergaben muss auf absehbare Zeit gestoppt werden", verlangte der CSU-Vorsitzende. "Erst Aschaffenburg, jetzt München: Es reicht. Deutschland braucht einen Afghanistan-Sofortplan."

Der Angreifer von München hatte sich laut Behördenangaben zuletzt allerdings rechtmäßig in Deutschland aufgehalten. Wie aus einem Gerichtsurteil zur Ablehnung seines Asylantrags vom Oktober 2020 hervorgeht, soll er über seine Fluchtgeschichte gelogen haben. Im April 2021 erließ die Stadt München einen Duldungsbescheid und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits am Samstag die Abschiebung des Attentäters angekündigt. "Er wird nach dem Verbüßen seiner Strafe auch in das Land zurückgeführt, wo er herkommt", sagte er in München. Wer eine solche Tat begehe, könne sich "auf gar nichts mehr berufen". Der 24-Jährige müsse für seine "unverzeihliche Tat" zur verurteilt werden.

Taliban signalisieren Bereitschaft zur Zusammenarbeit

Ende August 2024 war erstmals seit der Machtergreifung der Taliban vor drei Jahren wieder ein Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan gestartet. Abgeschoben wurden 28 verurteilte Straftäter, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen. Nach dem Angriff von München betonte Faeser, dass Abschiebungen nach Afghanistan weiterhin fortgeführt würden. In der Umsetzung gestaltet sich das jedoch schwierig, da dies eine Kooperation mit den Taliban in Afghanistan erfordert - direkt oder indirekt über Nachbarländer.

Die Taliban hatten sich zuletzt angesichts des Anschlags von München offen für eine Zusammenarbeit bei Abschiebungen gezeigt. Dafür wollen die Islamisten jedoch eine konsularische Vertretung in Deutschland. "Wir haben unsere Bereitschaft gezeigt, die konsularischen Dienste für Afghanen in Deutschland wieder aufzunehmen, die alle Aspekte der Migration abdecken", sagte der Sprecher des Taliban-Außenministeriums, Abdul Kahar Balchi, der dpa

Kritiker warnten in der Vergangenheit vor solchen Gesprächen mit den Islamisten, die international isoliert sind. Die Taliban könnten von Abschiebungen profitieren, indem sie diese als Möglichkeit für eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Staat nutzten.

Bereits im Januar Attentat in Bayern

Es ist nicht das erste Attentat in Bayern in diesem Jahr. Ende Januar hatte ein 28-jähriger Afghane in dem städtischen Park in Aschaffenburg eine Kindergartengruppe attackiert und dabei einen zweijährigen Jungen marokkanischer Herkunft sowie einen 41-jährigen Deutschen getötet.