Söder unter Druck? So reagierte der bayerische Ministerpräsident im Sommerinterview
Autor: Melina Mark
Nürnberg, Montag, 29. August 2022
Söder musste sich im ZDF-Sommerinterview harten Fragen stellen. Hauptthema des Gesprächs war die Energiekrise im Zuge des Ukraine-Krieges, aber auch seine Chancen für eine Wiederwahl und seine Tendenz, oft die politische Position zu wechseln, wurden zur Diskussion gestellt.
CSU-Chef Markus Söder hat die Strategie der Bundesregierung im Kampf gegen die Energiekrise grundsätzlich infrage gestellt. "(Russlands Präsident Wladimir) Putin betreibt mit uns ein Spiel und die Frage ist, ob wir auf dieses Spiel richtig vorbereitet sind", sagte Bayerns Ministerpräsident im Sommerinterview des ZDF, das am Sonntag (28. August) in Nürnberg aufgezeichnet wurde.
"Das Wirksamere wäre wahrscheinlich, Waffen zu liefern. Da tun wir uns schwer. Wird ja auch angemahnt von unseren Verbündeten", räumte Söder im Hinblick auf Deutschlands Strategie im Ukraine-Krieg ein. "Es besteht schon die Gefahr, dass bei uns erhebliche Verwerfungen und Probleme drohen." Preise explodierten, die Versorgungslage werde schwieriger. Bisher gebe es trotz der Versuche der Regierung keinen adäquaten Ersatz für russisches Gas. Gleichzeitig nehme Russland aus Deutschland mehr Geld ein als vor der Krise.
Söder fordert schnelles Handeln der Bundesregierung in puncto Inflation
"Deutschland hat eine Entscheidung getroffen, nämlich weniger Waffen zu liefern, dafür bei der Energie einen anderen Weg zu gehen. Jetzt muss aber auch Deutschland, die deutsche Bundesregierung, einen Weg finden, dass unser Land nicht so leidet", sagte Söder. Normalverdiener und Mittelstand würden "mit explodierenden Kosten völlig allein gelassen". Er ergänzte: "Die nochmals steigenden Stromkosten zeigen deutlich den dringend nötigen Handlungsbedarf für eine befristete Verlängerung der Kernkraftwerke."
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Als es vor einigen Jahren um die Beherrschbarkeit und die mögliche Abschaltung der Kernkraftwerke ging, schloss Söder sich dem allgemeinen Konsens in Deutschland an und sprach sich für die Abschaltung aus. Warum er nun gegen seine eigene Überzeugung argumentiert und sich im Zuge der Energiekrise für eine Versorgung durch Kernkraftwerke ausspricht, war Teil des Interviews. "Beide (Entscheidungen) sind doch richtig gewesen", erklärt Söder, "jetzt geht's doch um die Frage, wie wir durch die Krise durchkommen. Es geht nicht darum, dass zehn Neue gebaut werden. Wir brauchen jetzt Ersatz-Energie."
Söder befürchte bei einer planmäßigen Abschaltung der Kernkraftwerke eine "zehnfache Preissteigerung". "Wir werden erleben, dass viele Normalverdiener echte Probleme haben, das alles zu finanzieren. Wo soll denn das bitte enden?" Daher ist er der Meinung, Politik müsse doch nach der Not entscheiden. Aus diesem Grund setzt er sich in diesem Fall für die Kernenergie ein.
Heute so, Morgen so? Söder zu Vorwürfen über gegensätzliche Aussagen
Söder werde oft vorgeworfen, er wechsle auffällig oft die Position. Auf persönliche Fragen in diese Richtung antwortete er nicht direkt und lenkte das Gespräch auf die Fehler der streitenden Bundesregierung. Das Konkreteste, was er dazu sagt: Politische Entscheidungen müssen sich immer nach der aktuellen Situation richten und diese verändere sich stetig. Umfragewerte der Augsburger Allgemeine, die zeigen, dass nur ein Drittel der Bürger in Bayern mit Söders Politik zufrieden seien. Er verwies daraufhin auf andere Umfragen mit besseren Ergebnissen, aber betonte, dass ihm die Zahlen nicht wichtig seien. Es ginge nur darum, ob Bayern durch die Krise komme.
Bei seinem Sommerinterview verteidigte Söder den bayerischen Weg bei den Erneuerbaren Energien und weist alle Vorwürfe, Bayern hätte die Energiewende verschlafen, von sich. "Bayern leistet mit den größten Anteil an Erneuerbaren Energien in Deutschland. Das ist einfach Fakt." Bayern sei beim Zubau führend unter den Bundesländern. Bei der Windenergie sei der Zubau von 1000 Anlagen im Freistaat wahrscheinlich. Darüber hinaus gebe es Pläne für natürliche CO2-Speicher in Mooren, Agrarfotovoltaik sowie den Ausbau von Bioenergie und Wasserkraft.