Mit Kopfschüssen ist im vergangenen Sommer ein Liebespaar in Schweinfurt getötet worden - nun hat die Staatsanwaltschaft Mordanklage gegen ein Familienmitglied der Opfer erhoben. Ein 29-Jähriger soll im August 2009 seinen Onkel und dessen Schwägerin heimtückisch umgebracht haben.
Die Schweinfurter Staatsanwaltschaft vermutet, dass der tatverdächtige Bauunternehmer die Beziehung seines verheirateten Onkels mit der 30-Jährigen nicht akzeptieren wollte. "Das war mit der Familienehre nicht vereinbar", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Rainer Vogt am Mittwoch.
Von einem sogenannten Ehrenmord wollte Vogt aber zunächst nicht sprechen - dies werde die Verhandlung zeigen. In Deutschland werden immer wieder vor allem muslimische Frauen wegen ihres Lebenswandels getötet. Die "Ehrlosen" werden häufig von Familienmitgliedern getötet, die sich zu Wächtern der Sittlichkeit berufen fühlen.
Ein US-Soldat hatte die blutüberströmten Leichen der geschiedenen Frau und ihres fünf Jahre älteren Schwagers in einem Auto auf einem Parkplatz nahe der Schweinfurter Eishalle entdeckt. Die Toten stammten aus dem Irak, sie lebten aber bereits seit Jahren in Schweinfurt. Auch der Tatverdächtige kommt aus dem Irak. Er sitzt seit dem vergangenen September in Untersuchungshaft. Bisher hat er die Bluttat geleugnet.
Sechs Wochen nach den tödlichen Schüssen hatte die Polizei auch einen 17-Jährigen festgenommen - er ist der Bruder des Angeklagten. Da sich die Beweislage gegen den jungen Mann aber nicht erhärtete, war er im Oktober wieder freigelassen worden. Ein Verdacht gegen den Jugendlichen bestehe jedoch weiter, sagte Vogt, erdrückende Beweise fehlten indessen.
Wann der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder stattfindet, steht noch nicht fest. Zunächst muss das Landgericht entscheiden, ob es die Anklage zulässt. Die Staatsanwaltschaft will 42 Zeugen und 7 Sachverständige hören. Dem Angeklagten droht bei einem Schuldspruch wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe.
dpa