Lebenslänglich lautet das Urteil für einen Arzt, der angeblich einen reichen Finanzbeamten ermordet hat, um an dessen Geld zu kommen. Der 62-Jährige war in den 80er Jahren bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Aschfahl ist sein Gesicht. Zusammengesackt sitzt er im Rollstuhl. Seinen Blick richtet er nach unten. Und von Zeit zu Zeit schüttelt er ungläubig den Kopf, als er im Landshuter Landgericht die Worte der Richterin hört. Lebenslänglich lautete am Dienstag das Urteil für den Arzt, der nach Überzeugung der Schwurgerichtskammer einen reichen Finanzbeamten ermordet hat, um an dessen Geld zu kommen. Ob der 62-Jährige jemals wieder freikommt, ist fraglich, denn gegen den Orthopäden wurde außerdem Sicherungsverwahrung angeordnet. Er hatte schon einmal wegen Mordes hinter Gittern gesessen - 17 Jahre lang.
„Der Angeklagte wollte sich bereichern“, ist sich die Vorsitzende Richterin Gisela Geppert sicher. Geld habe immer eine wichtige Rolle für ihn gespielt, und deshalb habe er am Ostermontag 2008 den Finanzbeamten in dessen Haus im oberbayerischen Bockhorn (Landkreis Erding) ermordet - von hinten mit einem Revolverschuss ins Genick.
Arzt bestreitet TatMit dem Urteil folgte die Schwurgerichtskammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert und will jetzt Rechtsmittel prüfen. Der Arzt stritt die Tat bis zuletzt vehement ab. Für den Indizienprozess brauchte die Kammer rund 30 Verhandlungstage.
Nach der Tat soll der Arzt gefälschte Dokumente im Haus seines Opfers hinterlegt haben. Darunter war ein Testament, in dem die inzwischen 36 Jahre alte Freundin des Arztes als Erbin eingesetzt war. Sie kannte das 48 Jahre alte Opfer. Im Münchner Finanzamt hatten die beiden eine Zeit lang zusammengearbeitet. Laut Anklageschrift wollten sich die Frau und der Arzt mit dem Geld des Opfers eine Wohnung für fast 800 000 Euro kaufen.
Diesen Punkt relativierte Richterin Geppert in ihrer gut einstündigen Urteilsbegründung. Vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord sprach sie die 36-Jährige frei. Dennoch kassierte die Frau wegen Betrugs und Urkundenfälschung in einem weiteren Fall eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Von ihrem Lebensgefährten, der zuletzt in Augsburg niedergelassen war, hatte sie sich fälschlich Krankheiten bescheinigen lassen. So gelang es ihr, vorzeitig in Ruhestand gehen zu können.
Keine DNA-SpurenAm Tatort hatten die Ermittler keine DNA-Spuren des Arztes gefunden. Bei ihm wurde auch keine blutverschmierte Kleidung entdeckt. All das entlastet den 62-Jährigen aber nicht, wie Geppert klarstellte. „Als Täter kann nur der Angeklagte in Betracht kommen.“ Er könne mit Schusswaffen umgehen, so viel sei sicher. Und er habe kein Alibi für die Tatzeit. Den Arzt belastete eine Spur, die er bewusst gelegt haben soll, um den Verdacht auf jemand anders zu lenken. Nach Überzeugung der Kammer hatte er im Haus seines Opfers Blut verteilt, das er zuvor einer Patientin in seiner Praxis abgenommen hatte.
“Dr. Mord“ und Narziss„Dr. Tod“ oder „Dr. Mord“ wird der Arzt in manchen Medienberichten genannt. Geppert bezeichnet ihn als Narziss. Selbstbezogen und uneinsichtig sei der 62-Jährige. Bei ihm gebe es eine Rückfallgefahr, deshalb müsse er auch nach der regulären Haft gefangen bleiben. Dies sei abhängig davon, in welchem Gesundheitszustand er dann ist. Am Dienstag wurde er im Rollstuhl ins Gericht gebracht, weil er angeblich Probleme mit dem Kreislauf hatte.
Vermieter ermordetIn den 80er Jahren war der Arzt bereits in Hessen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er hatte seine damalige Praxis im Raum Frankfurt anzünden wollen, um Geld der Versicherung zu kassieren. Weil ihm der Vermieter nicht in die Quere kommen sollte, ermordete er diesen.
Möglicherweise gehen noch weitere Taten aufs Konto des Arztes. Die Staatsanwaltschaft in Würzburg will sich die Akten aus Landshut zukommen lassen. In den 80er Jahren hatten dort mehrere Studenten Vergiftungssymptome aufgewiesen; ein 24-Jähriger starb. Zeitweise hatte „Dr. Tod“ auch in Würzburg gelebt. Die Staatsanwaltschaft will nach eigenen Angaben nun prüfen, ob der 62- Jährige etwas mit den Fällen zu tun haben könnte.