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CSU-Parteitag in Augsburg: Söder-Rede endet mit Versprecher - "Lasst uns diese Bundestagswahl 2021 rocken"


Autor: Nadine Wüste, Agentur dpa, Stefan Lutter

Augsburg, Freitag, 11. Oktober 2024

Der CSU-Parteitag in Augsburg hat begonnen. Zum Auftakt hat Parteivorsitzender Markus Söder gegen die Ampel geschossen - und sich einen Jahreszahlen-Versprecher am Ende der Grundsatzrede geleistet.
Markus Söder, Vorsitzender der CSU, hat beim Parteitag in Augsburg zur Geschlossenheit aufgerufen - und dabei das Jahr der nächsten Bundestagswahl verwechsel (Archivbild).


Die CSU möchte den Kanzlerkandidaten feiern, auch wenn es erneut nicht Markus Söder ist: Der Auftritt von CDU-Chef Friedrich Merz wird der Höhepunkt des CSU-Parteitags am Freitag (11. Oktober 2024) und Samstag (12. Oktober 2024) in Augsburg sein.

Und Söder? In seiner Rede teilte er gegen die Ampelkoalition, insbesondere die, Grünen aus, Zudem machte er sich für eine striktere Migrationspolitik mit einer Obergrenze für Asylbewerber und Zurückweisungen an den Grenzen stark - um an Ende eine falsche Jahreszahl für die kommende Bundetagswahl zu nennen. 

Update vom 11.10.2024, 19.31 Uhr: Zahlenfauxpas auf großer Bühne - Söder will "Bundestagswahl 2021" rocken

Die nächste Bundestagswahl ist Ende September 2025 - dann will die CSU zurück in die Regierung. Parteichef Söder rief beim gegenwärtig laufenden Parteitag in Augsburg  deshalb zur Geschlossenheit auf - und verwechselte dabei die Jahreszahl.

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Am Ende seiner Grundsatzrede auf dem CSU-Parteitag hat sich CSU-Chef Markus Söder einen kleinen Fauxpas auf großer Bühne geleistet, indem er offenbar etwas mit den Jahreszahlen durcheinander geraten war: "Freiheit, Heimat, Glaube. Das wird der Schlachtruf der CSU sein. Lasst uns diese Bundestagswahl 2021 rocken", rief Söder den Delegierten in der Augsburger Messehalle zu. Die Anwesenden ignorierten den offenkundigen Versprecher aber höflich. 

Zuvor hatte Söder beim Parteitag in Augsburg in seiner fast eineinhalbstündigen Rede die strategischen Linien für den kommenden Bundestagswahlkampf definiert. Er richtete dabei erneut scharfe Kritik an die Bundesregierung.

Grundsatzrede legt Leitplanken für den CSU-Bundestagswahlkampf fest

Eine Zusammenarbeit mit den Grünen auf Bundesebene schloss er abermals aus. "Schwarz-Grün ist ein toter Gaul", sagte Söder. Er warnte, dass eine solche Option die Union deutlich unter 30 Prozent bringen würde. "Natürlich reden wir mit allen - aber koalieren ist etwas anderes", erklärte Söder. "Die Grünen sind ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie - für die Opposition, aber nicht für die Regierung." Die Grünen hätten den Regierungstest nicht bestanden.

Ebenso klar lehnte Söder eine Kooperation mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ab. In den Ländern wolle man niemandem Vorschriften machen. Aber er fügte hinzu: "Für uns gilt eigentlich auf Bundesebene eine Unvereinbarkeit mit diesem alten Sozialistenclub." Beim BSW sitze der russische Präsident Wladimir Putin "mit am Tisch". Bezüglich der AfD meinte Söder, diese müsse man mit "einer anderen Politik" schwächen und obsolet machen. Ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lehnte er erneut mit der Begründung ab, man dürfe Täter nicht zu Opfern machen.

Der bayerische Ministerpräsident forderte erneut möglichst baldige Neuwahlen. Eine Bundestagswahl vor dem ursprünglich geplanten Termin in einem Jahr wäre die ehrlichere Lösung, sagte der CSU-Parteichef. Die Ampelkoalition müsse abgelöst werden. "Wir sind bereit zur Regierungsübernahme in Berlin", betonte Söder. Bereits vorher hatte er hervorgehoben, dass die organisatorischen Voraussetzungen für den Wahlkampf gegeben seien, es könne aus Sicht der CSU losgehen. "Die Ampel muss weg, sie trägt die Verantwortung für den Niedergang Deutschlands."

"Schicken Olaf Scholz gemeinsam in die Rente"

Für seine Partei machte der CSU-Chef Ansprüche auf das Agrarministerium geltend. "Eigentlich gehört das Bundeslandwirtschaftsministerium endlich mal wieder in unsere Hand", sagte der bayerische Ministerpräsident. CSU-Politiker hatten in der Geschichte der Bundesregierung mehrmals dieses Ressort geleitet, zuletzt durchgängig von 2005 bis 2018. 2021 kam es zu einer Zäsur in der CSU, nach der Corona-Krise und der Wahlniederlage der Union habe sich die Partei aus der Krise emporgekämpft, sagte Söder. Inzwischen steht die CSU in den Umfragen stabil bei etwa 40 Prozent. Mit der CDU und dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz demonstrierte der Parteivorsitzende Einigkeit.  Ein Szenario wie 2021, als Söders Äußerungen zum damaligen Unions-Kandidaten Armin Laschet von vielen als ein Grund für die Niederlage von CDU und CSU angesehen wurde, werde sich nicht wiederholen. "Es wird keinen Streit und keinen Zwist geben: Wir schicken Olaf Scholz gemeinsam in die Rente", sagte Söder.

Der bayerische Ministerpräsident betonte zudem, sich für eine restriktivere Migrationspolitik mit einer Obergrenze für Asylsuchende und Zurückweisungen an den Grenzen einsetzen zu wollen. Nach den Erfahrungen von 2015 und 2016 zweifeln noch immer viele Menschen daran, ob die Union wirklich einen Neuanfang anstrebt. Jenen ruft er zu: "Ja, wir meinen es ernst, ja, wir machen Ernst." Deutschland brauche einen grundlegenden Kurswechsel bei der Migrationspolitik. Kürzlich hatte er sich auch wiederholt für eine Änderung beim Grundrecht auf Asyl ausgesprochen.

Am Samstag (12. Oktober) beabsichtigen die Delegierten auf dem Parteitag in Augsburg, drei Leitanträge zu beschließen, unter anderem zur Migrations- und Sicherheitspolitik. Zudem ist eine Rede von CDU-Parteichef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz geplant. Bereits am Freitagabend richtete sich unter anderem die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, an die Delegierten. 

Erstmeldung vom 11.10.2024, 10.54 Uhr: Ein Überblick darüber, was auf dem Parteitag wichtig ist oder werden könnte - Die K-Frage

Der Kanzlerkandidat ist bestimmt: Friedrich Merz wird die Union in die Bundestagswahl führen und hat angesichts der aktuellen Umfragewerte gute Chancen, Kanzler zu werden. Umso schmerzhafter für Söder, dass er in der Kanzlerfrage zum zweiten Mal nicht erfolgreich war - vor der Bundestagswahl 2021 hatte er gegen Armin Laschet verloren.

Söder stellt sich nun demonstrativ hinter Merz und wird auf dem Parteitag die gesamte Partei auf ihn einschwören. "Wir unterstützen Friedrich Merz und wollen, dass er Kanzler wird", verkündet Söder in der "Bild" kurz vor dem Parteitag erneut. "Wir sind sehr überzeugt davon, dass wir die richtige Formation gewählt haben. Friedrich Merz und ich werden Deutschland rocken und werden Olaf Scholz und die Ampel ablösen."

Auf die Frage, ob er nicht selbst gerne Kanzler geworden wäre, sagt er: "Wir haben ein klares Ziel, die Ampel abzulösen. Alles andere sind Nebengeräusche." Merz habe seine hundertprozentige Unterstützung. Wie sehr die CSU hinter Merz steht, wird sich nach seiner Rede am Samstag zeigen. Wobei das Ziel klar ist: Nach der Bundestagswahl wollen CDU und CSU gemeinsam feiern.

Söders Zukunft

Daraus ergibt sich die Frage nach Söders Zukunft, da ihm in Bayern immer wieder nachgesagt wird, kein wirkliches Interesse mehr am Amt des Ministerpräsidenten zu haben. Ist der Freistaat ihm zu klein geworden? Söders Umfeld argumentiert dagegen, wie viel der 57-Jährige im Land unterwegs ist.

Tatsächlich hat Söder einen Wechsel in ein mögliches Kabinett Merz mehrfach ausgeschlossen: entweder Kanzler oder Ministerpräsident. Und was ist mit den Gerüchten (die auch einige in der CSU zum Schmunzeln bringen), dass Söder sich für das Amt des Bundespräsidenten interessieren könnte? In der "Bild" gibt er darauf eine klare Antwort: "Können Sie sich wirklich vorstellen, dass mich Bundespräsident reizen würde?", fragt er.

Und ergänzt: "Ich bin jemand, der ein Macher ist und weniger ein Mahner." Nein, Söder möchte im nächsten Koalitionsausschuss einer der Entscheider neben Merz sein.

CSU-Streit um Schwarz-Grün

Normalerweise zeigt sich die CSU rund um ihre Parteitage gerne maximal geschlossen. Diese Woche gab es jedoch heftigen Streit. Der Auslöser: CSU-Vize Manfred Weber hatte eine schwarz-grüne Koalition im Bund nicht so strikt ausgeschlossen, wie Söder und CSU-Generalsekretär Martin Huber dies stetig tun. "Demokraten müssen immer miteinander sprechen können und versuchen, Wege des Miteinanders zu finden", sagte Weber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland - und erregte damit den Unmut von Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek, Huber und Söder.

Das sei "eine Mindermeinung", spottet Söder in der "Bild". "Aber die Sache wird ja nicht in Brüssel entschieden, sondern in Bayern und Berlin." Weber ist auch Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Die eindeutige Absage Söders an Schwarz-Grün ist zugleich ein strategischer Eckpfeiler der CSU-Wahlkampagne für die Bundestagswahl, neben allgemeinem Ampel-Bashing und einer klaren Abgrenzung zur AfD und BSW: In einem Leitantrag für den Parteitag ist im Bereich zur Außenpolitik quasi von "Akteuren wie der AfD und dem BSW" im gleichen Atemzug die Rede.

Zudem lässt Söder keine Gelegenheit aus, über die Bundestags-Ambitionen seines Wirtschaftsministers, Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, zu spotten. Denn obwohl alle aktuellen Umfragen einen klaren Wahlsieg der Union prognostizieren, ist es bis zur Bundestagswahl noch lange hin. Die Wahl sei noch nicht gewonnen, betont man auch in der CSU. Auch Söder muss daher um jede Stimme kämpfen. Erschwerend kommt hinzu, dass einigen CSU-Direktkandidaten, die ihre Wahlkreise bisher nur knapp gewonnen haben, durch das neue Bundestagswahlrecht der Verlust ihres Mandats droht.

Wehrpflicht und Asyl-Obergrenze

Thematische Schwerpunkte des Parteitags sind unter anderem die Migrationspolitik und die Forderung nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht. Dazu gibt es auch entsprechende Anträge, die von den Delegierten beraten und beschlossen werden sollen. Hauptpunkt ist die Forderung nach einer strikten Begrenzung der Zuwanderung mit einer Obergrenze von deutlich unter 100.000 Asylanträgen pro Jahr - im Vorjahr waren in Deutschland mehr als 300.000 registriert worden. Es bedarf zudem einer grundlegenden Reform des Asylrechts.

"Die Migration wächst uns über den Kopf", erklärte Söder der "Augsburger Allgemeinen". In einem weiteren Antrag fordert die CSU die Wiedereinführung der Wehrpflicht und "perspektivisch" eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen sowie deutlich höhere Verteidigungsausgaben.

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