Sie können Leben retten, doch sind häufig Fehlalarme: Automatische Notrufe halten Bayerns Rettungsleitstellen auf Trab. Die Einsatzkräfte sehen deshalb Verbesserungsbedarf.
Automatische Notrufe von Fahrzeugen, Mobiltelefonen oder Smartwatches haben in Bayern bereits Leben gerettet, verursachen jedoch in den meisten Fällen unnötige Arbeit für die Rettungskräfte. Im Durchschnitt ergebe sich eine geschätzte Fehlalarmquote von über 90 Prozent, wie der Verband der bayerischen Leitstellenbetreiber (VBLB) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilte.
"Die aktuell hohe Fehlalarmquote ist belastend für Leitstellen und Rettungskräfte", bilanziert Verbandssprecher Jürgen Meyer. "Wichtig wäre eine bessere technische Qualität, verlässliche Rückmeldemöglichkeiten und vor allem: eine strukturierte Integration in die Leitstellensysteme." Unter dem Strich gelte trotzdem: "Automatische Notrufe sind eine wertvolle technische Innovation – wenn sie richtig funktionieren."
Schon Leben gerettet - aber noch Verbesserungsbedarf
Insbesondere im KFZ-Bereich haben sie sich bereits vielfach bewährt und Leben gerettet, erklärte Meyer. Bei Smartphones und Smartwatches hingegen besteht nach den Erfahrungen der Rettungskräfte noch erheblicher Entwicklungsbedarf. Bei ihnen sind die Auslöseschwellen oft zu niedrig eingestellt, was zu einer Vielzahl unbeabsichtigter Notrufe führe.
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Die häufigsten Auslöser automatischer Notrufe sind den Leitstellen zufolge Fahrzeuge mit eCall-Systemen. Daneben sind in der Praxis vor allem Smartphones mit Sturzerkennung oder Unfallfunktion und Smartwatches mit integrierten SOS-Funktionen von Bedeutung.
Auf Bitten der dpa hatte der Verband Informationen von 16 der 26 bayerischen Integrierten Leitstellen (ILS) zusammengetragen. Diese berichten demnach alle von regelmäßigen und immer häufigeren automatisierten Notrufen. "Die Angaben reichen von mehrmals täglich bis zu über 18 Ereignissen pro Tag. Auch kleinere Leitstellen geben an, dass solche Alarme mittlerweile zum festen Bestandteil des Tagesgeschäfts gehören", schildert Meyer. Die Zahlen schwankten allerdings erheblich, da nicht alle Apps und Anbieter strukturiert ausgewertet werden könnten.
Zunehmende Belastung der Leitstellen
Bei der Leitstelle in München beispielsweise gingen mit Stichtag Ende Juni innerhalb eines Jahres 3208 eCall-Meldungen und 26 Smartwatch-Alarme ein. Die Leitstellen HochFranken und Schweinfurt zählen jeweils bis zu 30 Einsätze im Monat, und viele andere nannten pauschal "mehrmals täglich". Die Bandbreite der berichteten Fehlalarme lag dabei zwischen 75 und über 95 Prozent. Augsburg etwa registrierte bei 350 eCall-Meldungen 275 Fehlalarme.
Die Folge ist eine zunehmende Belastung der Leitstellen, die alle Alarme zunächst als echte Notfälle behandeln. Aufwändige Rückrufversuche oder nicht rückverfolgbare Anrufe binden jedoch Ressourcen. Manche Leitstellen sehen hier eine potenzielle Gefährdung, weil Rettungsmittel durch Fehlalarme blockiert und im Ernstfall für andere Patienten verzögert verfügbar sein könnten.