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"Frontalangriff auf den Welthandel": Habeck vergleicht Trumps Zölle mit Beginn des Ukraine-Kriegs
Autor: Alexander Milesevic, Agentur dpa
München, Freitag, 04. April 2025
Die von US-Präsident Trump angekündigten Zölle sorgen weltweit für Empörung. Bayern hat einen überdurchschnittlich großen Außenhandel mit den USA. Zölle treffen die heimische Wirtschaft daher besonders.
Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle treffen Bayern laut der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) schwer. Mit 29 Milliarden Euro "war Amerika 2024 der größte Exportmarkt für uns", sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Insgesamt gehen nach Angaben des Landesamts für Statistik fast 13 Prozent der bayerischen Exporte in die USA. Das ist deutlich mehr als der deutsche Durchschnitt von gut 10 Prozent.
"Von den neuen Zöllen sind vor allem Maschinen betroffen, 6 Milliarden Euro und damit knapp 15 Prozent aller Maschinenexporte des Freistaats gingen 2024 in die Vereinigten Staaten", betonte Brossardt angesichts der aktuellen Lage. Auch für Elektronik-Produkte sowie für Luftfahrzeuge und -teile spiele der US-Markt mit Exportanteilen von rund 18 und 15 Prozent eine überdurchschnittliche Rolle. Bei den aus Bayern exportierten Autos, die von produktspezifischen Zusatzzöllen von 25 Prozent betroffen sind, ist die Betroffenheit ebenfalls hoch: "Rund jedes fünfte exportierte bayerische Auto wurde 2024 in die USA exportiert. Das entspricht einem Exportvolumen von 8,0 Milliarden Euro."
Für heimische Wirtschaft steht laut Aiwanger viel auf dem Spiel
"Ein Handelskrieg muss weiterhin unbedingt vermieden werden", sagte Brossardt. "Wir setzen darauf, dass die USA ihre Handelspolitik überdenken werden, sobald die verheerenden Folgen der Zollpolitik zutage treten."
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger warnte ebenfalls vor den Folgen. "Wenn sich die USA jetzt abschotten, steht für unsere heimische Wirtschaft viel auf dem Spiel", sagt er. "Je nach Unternehmen sprechen wir hier von Zusatzkosten sogar in dreistelliger Millionenhöhe. Betroffen sind insbesondere unsere Automobilhersteller und -zulieferer, die Chemieindustrie sowie die Maschinenbauer."
Auch auf Berlin dürfte die Zollpolitik der Vereinigten Staaten nach Ansicht von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey erhebliche Auswirkungen haben. "Wenn die Trump-Regierung nun einen globalen Handelskrieg anzettelt, wird das auch Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Berlin haben, das muss man ganz klar sagen", warnte die SPD-Politikerin. Die USA seien das wichtigste Land für Produkte aus Berlin, allen voran Maschinen, Fahrzeuge, Elektronik und Pharmaerzeugnisse. Berliner Unternehmen hätten im vergangenen Jahr Waren im Wert von 1,59 Milliarden Euro in die USA verkauft.
Giffey will mehr US-Unternehmen für Berlin gewinnen
Berlin werde seine Wirtschaftskooperationen gerade auf Ebene der Bundesstaaten und Städte ausbauen, verkündete Giffey. Dort gebe es viel Interesse an einer Zusammenarbeit. "Ich habe in der Wirtschaftsverwaltung heute die Taskforce USA eingesetzt, um gemeinsam mit Berliner Wirtschaftsverbänden, Unternehmen und weiteren Akteuren die Lage zu analysieren."
Dazu gehöre auch, den Berliner Mittelstand bei der Suche nach neuen Absatzmärkten zu unterstützen, etwa Richtung Kanada und Asien, sagte Giffey. "Es wird aber auch darum gehen, wie wir Berlin in den USA noch stärker als Ort für Investitionen und Ansiedlungen positionieren."
Aus den Vereinigten Staaten kommt bereits ein bedeutender Teil des Risikokapitals für Berliner Start-ups. Neue US-Unternehmensansiedlungen schufen Arbeitsplätze in Berlin. "Um diese Investitionen werden wir weiterhin intensiv werben."
Habeck vergleicht US-Zollpaket mit Ukraine-Krieg
"Was jetzt wichtig ist, ist eine besonnene, aber auch klare Reaktion der Europäischen Union und der Bundesregierung", sagte Giffey. "Es muss sehr deutlich gemacht werden, dass es bei einem Handelskrieg keine Gewinner geben wird", so die Wirtschaftssenatorin. "Die Trump-Regierung treibt einen epochalen Umbruch in den transatlantischen Beziehungen voran, das ist gerade für Berlin mit seiner eng mit den USA verbundenen Geschichte sehr bitter."
Der amtierende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erkennt Parallelen zwischen dem Angriff Russlands auf die Ukraine und dem neuen US-Zollpaket. Die Entscheidung vom Vorabend sei durchaus vergleichbar "mit dem Beginn der Amtszeit, nämlich mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine und der drohenden Gasmangellage", sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Es handele sich um die disruptivsten Zollerhöhungen seit 90 Jahren.
Die Darstellung von US-Präsident Donald Trump, wonach die Vereinigten Staaten in ihren Handelsbeziehungen übervorteilt werden, sei falsch, betonte Habeck. "Die Globalisierung bedeutet, dass wir arbeitsteilig auf der Welt vorgehen und so insgesamt gewinnen. Und einer der größten Globalisierungsgewinner ist die USA." Die USA hätten in den vergangenen Jahren deutlich höhere Wachstumsraten verzeichnet als Europa. "Dass sie das in ihrem Land nicht gerecht verteilen, ist ihr innenpolitisches Problem, aber es ist einfach falsch."
Bundeswirtschaftsminister plädiert für Allianzen mit Kanada und Mexiko
Habeck befürwortete, dass die EU-Kommission nun zunächst mit den USA verhandeln möchte. Wichtig sei jedoch ein entschlossenes Auftreten. "Diesen Tag der Willkür sollten wir mit einem Tag der Entschlossenheit, der europäischen Entschlossenheit beantworten." Unter Druck knicke Trump ein und korrigiere seine Ansagen. "Und dann werden wir gucken, wer bei diesem Armdrücken der Kräftigere ist."
Europa solle Allianzen zum Beispiel mit Kanada oder Mexiko schmieden und mit Indien ein zunächst auf Industriegüter beschränktes Freihandelsabkommen schließen, forderte Habeck. "Wir sind in einer starken Position. Wir können uns mit vielen Ländern, mit vielen Regionen der Welt zusammenschließen und entsprechend den Druck auf die Amerikaner enorm erhöhen." Sich heranzuschleimen, helfe nicht. Er rate dazu, zu sagen: "Bitte, du willst den Kampf, wir nehmen ihn auf, jederzeit. Wir wollen ihn nicht. Aber wenn du ihn haben willst, dann kriegst du ihn und du wirst ihn verlieren."
Der europäische Binnenmarkt müsse vertieft werden, zum Beispiel mit einem gemeinsamen Umsatzsteuer-Niveau. Europa brauche eine eigene Cloud-Infrastruktur und müsse bei künstlicher Intelligenz vorankommen.
Habeck äußert sich zu möglichen Auswirkungen
Zu möglichen Auswirkungen sagte Habeck, für die USA erwarte er steigende Inflation. Es könne sein, dass es in anderen Ländern wie Deutschland in Richtung Deflation gehe, mit günstigeren Produkten, die Märkte überschwemmten und im schlimmsten Fall auch zur Zerstörung eigener industrieller Produktion führten.
"Dieser Tag bedeutet, dass wir einmal mehr in einen Abgrund schauen", sagte Habeck. "Aber wie wir es in der Vergangenheit gezeigt haben: Wir müssen mit der richtigen Haltung darauf reagieren, die Ärmel hochkrempeln und uns da rausarbeiten. Und das erwarte ich von der nächsten Regierung."
Der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle als schweren ökonomischen Fehler. "Das ist ein Anschlag auf eine Handelsordnung, die Wohlstand überall auf dem Globus geschaffen hat", sagte Scholz nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Berlin. "Die gesamte Weltwirtschaft wird unter diesen undurchdachten Entscheidungen leiden, Unternehmen wie Verbraucherinnen und Verbraucher überall in der Welt, auch in den USA."
Außenhandelsverband sieht "Frontalangriff auf den Welthandel"
Die US-Regierung beschreite einen Weg, an dessen Ende es nur Verlierer geben werde, sagte Scholz. Er betonte, dass die EU für Gespräche mit der amerikanischen Regierung zur Verfügung stehe, um einen Handelskrieg abzuwenden. "Wir setzen auf Kooperationen, nicht auf Konfrontationen." Man werde aber europäische Interessen verteidigen. "Europa wird geschlossen, stark und angemessen auf die Entscheidung der USA reagieren."
Der Außenhandelsverband BGA warnt vor erheblichen Folgen für den Welthandel durch Trumps Zolloffensive und fordert eine geschlossene Reaktion der EU. "Das ist ein Frontalangriff auf den Welthandel. Mit drastischen Zollanhebungen für mehr als einhundert Handelspartner stürzt der amerikanische Präsident mit einem amerikanischen Brexit die Welt in einen offenen Handelskrieg", sagte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel (BGA). "Ich gehe davon aus, dass der Konflikt unser Wirtschaftswachstum erheblich beeinträchtigen wird."
Die EU müsse mit deutlichen Gegenmaßnahmen reagieren. "Das funktioniert nur gemeinsam. Unser Ziel muss es sein, diesen Handelskrieg schnell zu beenden, aber wir müssen auch zeigen: Europa ist nicht erpressbar", so Jandura weiter. "Wir sollten uns auch mit den anderen betroffenen Staaten koordinieren. Neue Freihandelsabkommen fördern die Unabhängigkeit von den USA."
USA sprechen von wechselseitigen Zöllen
Die exportstarke deutsche Wirtschaft hatte 2024 Waren im Wert von 1.559,7 Milliarden Euro ins Ausland geliefert - ein Prozent weniger als im Vorjahr. Der BGA kündigte schon nach der Ankündigung der US-Sonderzölle auf Autos an, seine bereits negative Prognose für die deutschen Exporte zu senken.
US-Präsident Donald Trump gab am Mittwoch (2. April 2025) ein gewaltiges Zollpaket bekannt. Die US-Regierung führt neue pauschale Zölle in Höhe von zehn Prozent auf die meisten Importe in die Vereinigten Staaten ein. Für viele Länder sollen je nach Handelsdefizit höhere Strafabgaben greifen. Auf Einfuhren aus der Europäischen Union in die USA sind neue Zölle in Höhe von 20 Prozent vorgesehen.
Die Amerikaner sprechen von wechselseitigen Zöllen - also von einem Prinzip der Gegenseitigkeit. Viele Länder erschwerten den Import von US-Produkten, das könne man sich nicht länger bieten lassen. Washington bezieht sich dabei nicht nur auf Zölle, sondern auch auf Handelshemmnisse wie Subventionen, strenge Einfuhrvorgaben, Diebstahl geistigen Eigentums und Währungsmanipulation. Diese Barrieren seien "weit schlimmer" als die eigentlichen Zölle.
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