Grausamkeiten und Chancen: Was kann Trumps Friedensplan?
Autor: André Ballin und Friedemann Kohler, dpa
, Freitag, 21. November 2025
Seit über dreieinhalb Jahren verheert Russlands Angriffskrieg das Nachbarland Ukraine. Kiew ist in der Defensive, und das ist auch bei US-Vorschlägen für ein Kriegsende zu spüren.
Donald Trumps Friedensplan für Gaza hatte 20 Punkte - mit 28 Punkten versucht der US-Präsident nun, den seit mehr als dreieinhalb Jahren tobenden Krieg in der Ukraine zu beenden. Die Vorschläge verlangen vor allem dem angegriffenen Land viel ab. Aber auch andere Beteiligte wie Russland und die europäischen Staaten haben daran zu schlucken. Fragen und Antworten zu dem Vorschlag:
Was wäre für die Ukraine das größte Zugeständnis?
Der von Washington geforderte endgültige und vollständige Verzicht auf die Gebiete Donezk und Luhansk (nebst der schon 2014 von Russland annektierten Krim) wäre für Kiew wohl am schwersten zu akzeptieren. Schließlich ist es den russischen Truppen bis jetzt nicht gelungen, diese Gebiete militärisch ganz einzunehmen. Den Widerstand gegen diese Forderung machte bereits die stellvertretende ukrainische UN-Botschafterin Chrystyna Hajowyschyn deutlich: Ihr Land werde keine Grenzverschiebungen akzeptieren, sagte sie bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.
Der Donbass hat für die Ukraine nicht nur symbolische Bedeutung. Wirtschaftlich war er einst das Rückgrat der ukrainischen Industrie. Militärisch sind die ukrainischen Positionen hier bis heute am stärksten ausgebaut. Sie zu verlieren, würde bedeuten, wehrlos gegen einen neuen Angriff zu sein - zumal mit einer verkleinerten Armee, die der Plan ebenfalls vorsieht.
Welche Einwände könnte Kiew sonst noch haben?
Eine weitere Hürde für die Ukraine wäre, den angestrebten Nato-Beitritt aus der Verfassung zu streichen. Allerdings hat Kiew dieses Ziel zuletzt nicht mehr mit Nachdruck verfolgt, weil klar ist, dass die USA und andere große Nato-Staaten sich sperren. Die Ukraine soll zudem eine Verkleinerung ihrer Armee akzeptieren. Derzeit zählt die kämpfende Truppe etwa 800.000 Männer und Frauen. Für ein europäisches Land, das nicht mehr kämpfen muss, wären die diskutierten 600.000 Soldatinnen und Soldaten aber immer noch sehr starke Streitkräfte.
Über die Rechte ethnischer Russen und die russische Sprache in der Ukraine versucht Moskau, Einfluss auf die ukrainische Innenpolitik zu nehmen. Das hallt im Friedensplan nach - wird aber dadurch entschärft, dass die Ukraine lediglich angehalten wird, EU-Vorgaben bei der Nationalitätenpolitik einzuhalten.
Welche Probleme könnte Moskau mit dem Plan haben?
Für Russland ist die geforderte Zahlung von 100 Milliarden Dollar heikel, die aus eingefrorenen Vermögenswerten in den Wiederaufbau der Ukraine fließen sollen. In Moskau wird dies als Reparationszahlung - und somit Schuldeingeständnis - verstanden. Diese Lesart will der Kreml vermeiden, da er seinen Krieg propagandamäßig als eine Befreiung der unterdrückten russischen Minderheit im Nachbarland verkauft. In der Vergangenheit hat Moskau daher immer mit Gegenmaßnahmen gedroht, sollten europäische Länder, wo der Großteil des russischen Geldes liegt, dieses konfiszieren. Dass gerade US-Unternehmen von den Gewinnen profitieren sollen, dürfte wohl auch vielen Russen sauer aufstoßen.
Andererseits muss Russland abwägen: Die geforderte Summe ist weniger als die Hälfte des eingefrorenen Vermögens - das ohnehin vorerst abgeschrieben ist. Wenn der Kreml 100 Milliarden Dollar opfert, könnte er den Rest wieder nutzen und zugleich auf neue internationale Partnerschaften hoffen, um die eigene Wirtschaft anzukurbeln, die zusehends in Schwierigkeiten gerät.