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Zwischen Nürnberger Bratwürsten und Palmen: Ein Rentner wanderte ins Paradies aus


Autor: Natalie Schalk

Berlin, Donnerstag, 19. Dezember 2019

Zwischen Strand, Schlangen und Schäufela hat Klaus Pähler einen etwas anderen Seniorenalltag als die meisten Deutschen.
Dewi und Klaus Pähler haben sich auf Bali ein Holzhaus bauen lassen.  privat


Was macht ein Rentner aus Nordrhein-Westfalen auf Bali? Na, zum Beispiel Nürnberger Bratwürste. Klaus Pähler erzählt, wie seine Frau Dewi und er ein bisschen fränkische Küche nach Indonesien bringen. "Nicht kommerziell, nur für uns. Wir haben 50 selbstgemachte Rostbratwürstchen in der Gefriertruhe", sagt der 72-Jährige.

Er war als Kind oft bei seinem Onkel in Nürnberg-Mögeldorf und hat heute noch Freunde in Nürnberg und Bamberg. Er liebt die deftigen Gerichte Frankens. Aber er schwärmt auch von indonesischem Essen wie Babi Guling, dem balinesischen Spanferkel. "Ziemlich scharf. Und schön knusprig."

Als Klaus Pähler vor sieben Jahren in Rente ging, überlegten seine indonesische Frau und er, wo sie leben wollen. "Es war Herbst, das machte die Entscheidung leicht." Er sitzt mit dem Handy am Schreibtisch und blickt über Palmen und ein grünes Tal. "Manchmal sieht man hinten unseren Vulkan. Jetzt leider nicht." Es sei schon ein wenig diesig. Auf Bali ist es Abend. Das Thermometer zeigt 32 Grad.

Strandrestaurant statt Frittenbude

Der Deutsche erzählt, dass er gerade für ein paar Tage in Berlin war. Geblieben ist der Eindruck von Kälte und Nässe. Und teurem Essen: "Eine Currywurst mit Pommes am Straßenrand im Stehen - fünf bis acht Euro! Dafür sitze ich hier am Abend in einem Restaurant am Strand und esse doch, naja", er lacht leise: "etwas sehr Nettes."

Die Lebenshaltungskosten auf Bali sind sehr niedrig. Das Klima tropisch. Und der Strand drei Kilometer entfernt vom Haus der Pählers. Die bewaldeten Vulkanberge, die typischen Reisfelder, Strände und Korallenriffe, die vielen Tempel und Sehenswürdigkeiten, sie locken jährlich etwa 5,5 Millionen Urlauber auf die Insel im Indischen Ozean. "Das werde ich nicht wieder eintauschen gegen eine Dreizimmerwohnung im kalten Deutschland", sagt der Auswanderer.

Wechselkurse und eine Rente in Rupiah

Noch nie haben so viele deutsche Senioren im Ausland gelebt wie heute. Insgesamt machen sie nur etwa ein Prozent der Rentner aus, allerdings ist ihre Zahl in den vergangenen zehn Jahren um die Hälfte gestiegen. Der Deutschen Rentenversicherung zufolge ließen sich im vergangenen Jahr mehr als 241 000 Deutsche ihre Rente ins Ausland überweisen. Klaus Pähler bekommt seine auf ein Bankkonto in Deutschland. Er transferiert dann Geld auf sein balinesisches Konto. "Und zwar so, so wie ich glaube, dass die Wechselkurse günstig für mich sind - mit mal mehr, mal weniger Glück." Die Rupiah ist gegenüber dem Euro gesunken. Er hat Glück.

Rente und Wechselkurse müssen bedacht werden, Aufenthaltsrechte geklärt. Auswanderer sollten auch wissen, wie es im Traumland um die Sicherheit bestellt ist. Für Senioren ist außerdem die medizinische Versorgung besonders wichtig. Sie werde auf Bali langsam besser. "Aber richtig drauf ankommen lassen möchte man es nicht."

Gesundheitscheck in Singapur

Als Klaus Pähler vor einiger Zeit Herzrhythmusstörungen hatte, ließ er sich nach dem Krankenhausaufenthalt auf Bali in Deutschland noch einmal behandeln. Er ist hier privat versichert. "Ich zahle einen Aufschlag für das Auslandsrisiko."

Einmal im Jahr fährt er zum Gesundheitscheck nach Singapur. "Ich glaube, die medizinische Versorgung ist dort besser als in Deutschland, sie zählt zu den besten der Welt." Außerdem braucht er für die Reise nur etwa drei Stunden - und keine 17 oder 18 wie nach Deutschland. "Das ist schon anstrengend. Man wird ja nicht jünger", sagt der 72-Jährige.

Die Schlange im Paradies

Perfekt sei nichts. Nicht einmal das Paradies. "Gestern habe ich eine Schlange in unserem Haus entdeckt und rausgeschmissen." Außerdem habe der Vulkan die unerfreuliche Neigung, auszubrechen. "Vergangenes Jahr hatten wir ein Erdbeben der Stärke 6,4 - wir sind in Panik aus unserem alten Haus gelaufen." Da planten sie bereits, sich ein eigenes Haus zu bauen, doch mit den Behörden gab's Probleme. Eigentlich hätte es ein größeres Gebäude aus Stein werden sollen, weil das nicht ging, ließen Pählers ein Holzhaus bauen. Aus Teak, aber nachhaltig aus recyceltem Material; darauf legt er Wert.

Ein Schuss Abenteuerlust, eine Prise Mut

Der Deutsche schätzt Bali und die Natur der Insel. Ob jemand als Rentner im Ausland glücklich werden kann, sieht er auch als Mentalitätsfrage. "Man braucht einen Schuss Abenteuerlust. Und man muss sich anpassen können." Er spricht darüber, dass dies nicht so leicht sei, wie es sich manch einer vorstellt. "In Deutschland haben wir auch die Diskussion um Migranten und Anpassung." Kurz ist es still am anderen Ende der Leitung. Dann schiebt er ernst nach: "Die politischen Entwicklungen in Deutschland sehe ich mit größter Sorge."

Früher hat er bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Abteilung "Internationale politische Zusammenarbeit" gearbeitet. Er hat viele Jahre in anderen Ländern gelebt. Malaysia, Singapur, Indonesien, Nigeria. Seine Frau ist Indonesierin, hat aber in Deutschland studiert. Sie ist noch keine 50 und steht mitten im Berufsleben: Sie ist Regionaldirektorin einer Organisation. Sie ist diejenige, die hier viele Dinge managed. Er hat ein bisschen Indonesisch gelernt. "Man kommt hier mit Englisch aber auch gut durch."

Deutscher Stammtisch im Strandcafé

Wenn er kulturell etwas vermisst, lädt er sich Bücher oder Musik aus dem Internet. "Ein Opernbesuch ist in Deutschland inzwischen ohnehin so teuer, dass man es sich als Rentner kaum leisten kann." Einmal in der Woche trifft er sich mit anderen Deutschen, Österreichern und Schweizern zum Stammtisch im Strandcafé. "Da sind einige Rentner dabei." Ja, ein bisschen Mut brauche man, um hier zu leben. "Aber wenn man den hat, gibt es nichts Besseres. Am Stammtisch sind alle froh, es gemacht zu haben."

Er habe ja alles, was er braucht. "Wenn man auch mit dem Essen ein klein wenig flexibel ist, vermisst man nichts." Außerdem wird bei ihm ohnehin exotisch gekocht. Zumindest für balinesische und nordrheinwestfälische Verhältnisse. Nach den Bratwürsten will er sich nun an einem fränkischen Schäufela versuchen.

Hintergrund zur Rente im Ausland

Rentenzahlung

Der Deutschen Rentenversicherung zufolge lebten noch nie so viele Senioren im Ausland wie heute - die Renten werden derzeit in mehr als 150 Länder überwiesen. Am beliebtesten sind bei deutschen Auswanderern im Seniorenalter die deutschsprachigen Nachbarn Österreich und Schweiz, gefolgt von den USA, Spanien und Frankreich. Wer als Altersruhesitz ein EU-Land oder ein Land wählt, mit dem Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen hat, bekommt die seine volle Altersrente überwiesen. Bei anderen Ländern kann es Einschränkungen geben, auch die Besteuerung der Rente ist teilweise anders. Außerdem macht es einen Unterschied, ob jemand ständig oder weniger als sechs Monate pro Jahr im Ausland lebt. Es gibt zahlreiche Sonderregelungen. Nur mit wenigen Ländern werden die Sterbedaten automatisch abgeglichen, deshalb verlangt die Rentenversicherung in der Regel einmal jährlich eine "Lebensbescheinigung".

Beratung

Im Einzelfall sollte man sich vor einer Auswanderung frühzeitig erkundigen, wie die Regelungen für das betreffende Land und das individuelle vorhaben sind. Die Deutsche Rentenversicherung gibt Auskunft. Ihr kostenloses Servicetelefon ist erreichbar unter 0800 / 1000-4800. Mo - Do von 7.30 bis 19.30 Uhr und Fr von 7.30 bis 15.30 Uhr

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