Sanktionen gegen radikale Siedler: Berlin folgt den USA
Autor: Sara Lemel, Julia Naue, Michael Evers und Jörg Blank
, Montag, 11. Dezember 2023
Israelische Siedlungen im Westjordanland sind US-Präsident Biden seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Vermehrte Gewalt extremistischer Siedler gegen Palästinenser wollen die USA nicht mehr hinnehmen.
Seit mehr als zwei Monaten sind alle Augen auf den Gaza-Krieg gerichtet. Doch auch das besetzte Westjordanland wurde in der Zeit zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern.
Berichte über Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser mehren sich. Die US-Regierung erließ als Reaktion Einreisebeschränkungen, die sich unter anderem gegen extremistische israelische Siedler richten. Frankreich und Deutschland sind dafür, die von den USA erlassenen Strafmaßnahmen auch auf die Europäische Union auszuweiten.
«Beispielloses Maß an Gewalt»
Israel hat seit der Eroberung des Westjordanlands im Sechstagekrieg 1967 seine umstrittenen Siedlungen dort systematisch ausgebaut. Die Zahl der Siedler in dem Gebiet, das zwischen dem israelischen Kernland und Jordanien liegt, ist inzwischen auf etwa eine halbe Million gestiegen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es sogar 700.000. Die Siedler leben inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Die Vereinten Nationen haben diese Siedlungen als großes Hindernis für eine Friedensregelung eingestuft, weil sie kaum noch ein zusammenhängendes Territorium für die Palästinenser bei einer möglichen Zweistaatenlösung zulassen.
US-Präsident Joe Biden sind die Siedlungen schon seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Die USA begründen ihre Strafmaßnahmen nun mit einem «alarmierenden Anstieg an Gewalttaten» im Westjordanland. Dazu gehört nach Angaben des US-Außenministeriums «ein beispielloses Maß an Gewalt durch extremistische israelische Siedler». Sie hätten es auf Palästinenser und deren Eigentum abgesehen und ganze Gemeinden vertrieben. Die Einreisebeschränkungen richten sich aber auch gegen palästinensische Extremisten, die Gewalttaten gegen Israelis verüben. Auf beiden Seiten können enge Familienangehörige ebenfalls davon betroffen sein.
Seit dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten am 7. Oktober und darauffolgenden Angriffen Israels im Gazastreifen hat sich die angespannte Lage im Westjordanland und Ost-Jerusalem noch verschärft. Bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten, aber auch Attacken von israelischen Siedlern, wurden seither nach Angaben des Gesundheitsministeriums 264 Palästinenser getötet. Seit Jahresbeginn starben im Westjordanland insgesamt bereits 460 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen.
Rückhalt für Siedler in der Regierung
Seit Anfang Oktober mehren sich laut Medienberichten gewaltsame Übergriffe von Siedlern, die Palästinenser etwa an der Olivenernte hinderten. Außerdem seien Hunderte Mitglieder palästinensischer Hirtengemeinden vertrieben worden. Das Gesundheitsministerium verzeichnete neun Todesfälle. Den israelischen Sicherheitsbehörden wird vorgeworfen, die Palästinenser nicht gegen Angriffe zu schützen. Es gebe selbst bei Todesfällen kaum Strafverfolgung. Siedlervertreter betonen, die überwiegende Mehrheit sei friedlich und halte sich an die Gesetze.
Seit dem 7. Oktober haben sich aber noch mehr Siedler bewaffnet und viele der Soldaten sind selbst Siedler. Rückhalt haben sie auch durch rechtsextreme Minister in der israelischen Regierung, die sich für eine Annexion des Westjordanlands durch Israel einsetzen.