Der Sprecher des US-Außenministeriums kritisierte Israel für seinen Umgang mit dem Anstieg der Siedler-Gewalt. Man habe bisher «kein ausreichendes Maß an Maßnahmen» gesehen, sagte Matthew Miller. Das sei ein Grund dafür, warum die US-Regierung nun reagiere. «Sowohl Israelis als auch Palästinenser verdienen eine Prespektive der Hoffnung, die frei von Gewalt, Einschüchterung und Drohungen ist», sagte er weiter. Zuvor hatte Außenminister Antony Blinken Israel dazu aufgefordert, tätig zu werden und gewalttätige Siedler zur Verantwortung zu ziehen.
Biden steht wegen Gaza-Kriegs unter Druck
Dabei steht der US-Präsident Biden nach Beginn des Gaza-Kriegs auch innenpolitisch unter Druck. Kritik am Partner Israel wurde zuletzt häufig nur angedeutet und war bei Biden eher zwischen den Zeilen zu erkennen. Wenn die US-Regierung sich in den vergangenen Wochen öffentlich deutlich missbilligend äußerte, dann vor allem mit Blick auf extremistische Siedler. Bereits im Oktober machte Biden deutlich, dass die Gewalt von Siedlern gegen Palästinensern nur «Öl ins Feuer» gieße.
Frankreich zieht mit
Paris schließt sich Washington an und spricht ebenfalls von Einreiseverboten gegen extremistische Siedler, aber auch das Einfrieren von Vermögenswerten. Laut Außenministerium erwägt die Regierung in Paris Schritte auf nationaler und europäischer Ebene.
Als Land mit der höchsten Zahl von jüdischen Einwohnern und zugleich den meisten Muslimen in Europa steht Frankreich vor einem Spagat. Einerseits stellten sich Präsident Emmanuel Macron und die Regierung angesichts einer Welle von Antisemitismus im Land unmissverständlich an die Seite der jüdischen Bevölkerung. Andererseits gibt es unter den Einwohner mit Wurzeln in muslimischen Ländern viele, die das Schicksal der Palästinenser besonders aufwühlt. Diese dürften den Ruf nach Sanktionen gegen Siedler auch als Zeichen sehen, dass Paris die Belange der Palästinenser in dem Konflikt gleichermaßen im Blick hat.
Deutschland befürchtet Flächenbrand in der Region
Aus Berlin sind ähnliche Stimmen zu hören. Deutschland begrüße die Haltung der Vereinigten Staaten und die beschlossenen Maßnahmen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. «Es ist aus unserer Sicht wichtig, diese Debatte auch auf europäischer Ebene voranzutreiben», ergänzte der Sprecher mit Blick auf ein Treffen der EU-Außenminister. Dort werde sich die Bundesregierung aktiv einbringen. «Wir rufen Israel immer wieder dazu auf, Palästinenserinnen und Palästinenser vor den Aktivitäten extremistischer Siedler zu schützen», sagte er.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fürchtet, dass eine Eskalation der Gewalt im Westjordanland die Gefahr eines Flächenbrandes in der Region erhöhen könnte - und das, obwohl Israels Nachbarländer in der Region dies eigentlich nicht wollten. Schon in der Vorgängerregierung hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Regierung Netanjahu mehr oder weniger offen dafür kritisiert, mit einer immer weiter vorangetriebenen Ausweitung von Siedlungen in dem Gebiet die Möglichkeiten für eine Zwei-Staaten-Lösung zu verringern. Baerbock dürfte dies ähnlich sehen.
EU macht einen Vorschlag
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell will einen Vorschlag für Sanktionen gegen radikale israelische Siedler im Westjordanland vorlegen. Man arbeite bereits daran, sagte der Spanier am Montagabend nach einem EU-Außenministertreffen in Brüssel. Grundlage sei das Sanktionsinstrument der EU zur Bestrafung von schweren Menschenrechtsverstößen. Es würde EU-Einreiseverbote und das Einfrieren von in der EU vorhandenen Vermögenswerte ermöglichen.
Borrell bestätigte zudem, dass auch über weitere Sanktionen gegen die islamistische Palästinenserorganisation Hamas diskutiert wird. Diese sollen nach Angaben von Diplomaten vor allem die Finanzierungsmöglichkeiten der Organisation weiter einschränken und könnten zeitgleich mit den Strafmaßnahmen gegen Siedler beschlossen werden.