Ratlos in Davos
Autor: Christian Reinisch
, Sonntag, 01. Februar 2009
Alle Jahre wieder versammelt sich zur Winterszeit die politische und ökonomische Elite dieser Welt in einem schicken Alpendorf und hält Rat über die wichtigsten Herausforderungen.
Als die Zeiten noch normal waren und die Wirtschaft rund um den Globus zu den schönsten Blütenträumen Anlass bot, da war Davos gewissermaßen der Jahrmarkt für die allerneuesten Moden der kapitalistischen Moderne.
Doch die Zeiten sind nicht mehr normal. Jeden Tag passieren Dinge, die tags zuvor noch als undenkbar galten. Davos im Jahr 2009 – das hätte die ideale Bühne sein können, auf der sich wirtschaftlicher Sachverstand mit politischer Macht zusammentut. Und auf der dann gemeinsam um Lösungen gerungen wird, die im Idealfall als Rezepte dienen könnten für ein koordiniertes Vorgehen gegen die schwerste Krise seit 80 Jahren.
Tatsächlich hat sich das Weltwirtschaftsforum nur in einer Hinsicht gelohnt: Es machte die große Ratlosigkeit im Angesicht der kollabierenden Märkte auf bestürzende Weise augenfällig. Und geradezu schmerzhaft mutet der Berg an Worthülsen an, den Politiker und Wirtschaftslenker, Theoretiker und Praktiker in dem Schweizer Alpental hinterließen. Davos 2009 – dahinter liegt die ernüchternde Erkenntnis, dass offenbar niemand auf dieser Welt eine Lösung weiß für Probleme, die diese Welt offenbar vor dem Herbst 2008 nicht kannte. Die Instrumente von gestern greifen heute nicht mehr. Aber die Instrumente von morgen hat niemand im Werkzeugkasten.
Und was wird von diesem hochkarätigen Treffen im Gedächtnis bleiben? Es werden die Bilder des türkischen Ministerpräsidenten sein, der in höchster Erregung eine Diskussion über den Gaza-Krieg verlässt. Auch das ist symptomatisch für die gesammelte Ratlosigkeit von Davos.