Parlamentswahl in Syrien: Schritt zum demokratischen Wandel?
Autor: Amira Rajab, dpa
, Sonntag, 05. Oktober 2025
Zum ersten Mal seit Assads Sturz wurde in Syrien gewählt. Die Wunden der Vergangenheit sitzen tief. Kritiker befürchten aber, dass Demokratie nur Fassade bleibt.
Zum ersten Mal seit dem Ende der Assad-Herrschaft hat es in Syrien eine Parlamentswahl gegeben - ein wichtiger Schritt für die politische Neuordnung des Landes nach Jahren des Bürgerkriegs. Kritiker warnen jedoch vor einem Mangel an Demokratie. Mit Ergebnissen wird am Montag oder Dienstag gerechnet.
Syrien mit seinen rund 23 Millionen Einwohnern wird derzeit von einer Übergangsregierung unter Führung von Interimspräsident Ahmed al-Scharaa geführt. Al-Scharaa war der Kopf der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die die Rebellenallianz anführte, die Machthaber Baschar al-Assad Anfang Dezember stürzte und damit die mehr als fünf Jahrzehnte andauernde Herrschaft der Assad-Familie beendete. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wahl:
Wie wurde gewählt?
Es handelt sich um keine allgemeine Wahl, bei der alle Bürger abstimmen können. Vielmehr gab es einen komplizierten Prozess in mehreren Stufen: Das «Oberste Wahlkomitee» der Übergangsregierung hat im Juni regionale Wahlgremien bestimmt, die im Anschluss Wahlleute aus einem Bewerberpool ausgewählt haben. Diese Wahlleute haben nun die Parlamentarier aus ihren eigenen Reihen gewählt
Für die Auswahl der Wahlleute wurden bestimmte Kriterien zur Voraussetzung gemacht. Dazu zählt unter anderem auch, dass 20 Prozent von ihnen weiblich sein sollen. Auch Vertriebene und Menschen mit Beeinträchtigungen sollen vertreten sein. Neben Akademikern müssen auch sogenannte traditionelle Würdenträger - wie etwa Stammesführer - vertreten sein. Anhänger der Assad-Regierung wurden nicht zugelassen.
Insgesamt waren rund 6.500 Wahlleute beteiligt, davon wurden 1.578 als Kandidaten zugelassen. Nach Behördenangaben sind 14 Prozent der Bewerber um einen Sitz im Parlament Frauen. Für die Repräsentation von Frauen oder etwa Minderheiten im Parlament wurden keine Quoten gesetzt.
Das Verfahren wurde vielfach kritisiert. Es sei von persönlichen Interessen geleitet und befeuere Vetternwirtschaft, hieß es aus der Bevölkerung.
Was sind Kritikpunkte?
Im neuen Parlament sollen 210 Abgeordnete sitzen. Allein ein Drittel davon soll von Präsident al-Scharaa selbst bestimmt werden. Unter Assad galten Wahlen in Syrien als Farce, die der Regierung einen demokratischen Anstrich geben sollten. Regelmäßig gewannen mehrheitlich Anhänger der herrschenden Baath-Partei und ihre Verbündeten Sitze im Parlament.