Orban verhindert Einigung auf Finanzhilfen für Ukraine
Autor: dpa
, Freitag, 15. Dezember 2023
Auf einen Erfolg folgt eine Niederlage. Beim EU-Gipfel kann nicht über neue Ukraine-Hilfen entschieden werden. Verantwortlich ist der Mann, der zuvor bei einem anderen Thema eine Lösung ermöglichte.
Beim EU-Gipfel in Brüssel hat der ungarische Regierungschef Viktor Orban nach einem überraschenden Einlenken für EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine doch noch für einen Eklat gesorgt. Wegen eines Vetos Ungarns konnten die anderen Staats- und Regierungschefs nicht wie geplant eine Überarbeitung des EU-Haushalts inklusive eines 50 Milliarden Euro schweres Finanzhilfen-Paket für die Ukraine beschließen. Die Verhandlungen müssen deswegen im kommenden Jahr bei einem Sondergipfel fortgesetzt werden.
Ob es dabei eine Einigung geben wird, ist allerdings völlig unklar, da Orban seine Zustimmung zur notwendigen Überarbeitung des EU-Haushalts mit der Auszahlung von eingefrorenen EU-Geldern für sein Land verknüpft. «Die Tatsache, dass sie das Siebenjahreshaushaltsgesetz der Union ändern wollen, ist eine ausgezeichnete Chance für Ungarn, den Rest der zurückgehaltenen Mittel zu erhalten», sagte er in einem Interview. «Wir müssen nicht die Hälfte, nicht ein Viertel, sondern alles bekommen», erklärte Orban. «Dieses Geld steht uns zu.»
Orban will 21 Milliarden Euro
Orban bezog sich mit den Äußerungen darauf, dass die EU im vergangenen Jahr entschieden hatte, für Ungarn eingeplante Gelder aus dem EU-Gemeinschaftshaushalt wegen Rechtsstaatsbedenken vorerst nicht auszuzahlen. Nach Justizreformen wurden am Mittwoch zwar rund zehn Milliarden Euro freigegeben. Eine Summe von etwa 21 Milliarden Euro soll allerdings erst dann fließen, wenn Ungarn weitere Bedenken ausgeräumt hat.
Orban kritisiert dieses Vorgehen bereits seit Monaten als ungerechtfertigt. Eines seiner Argumente ist, dass das Nicht-EU-Land Ukraine europäische Finanzhilfen in Milliardenhöhe erhält, obwohl es auch dort Kritik an der Rechtsstaatlichkeit gibt.
EVP-Fraktion für Prüfung von Ungarn-Milliarden
Die christdemokratische EVP-Fraktion im Europaparlament will eine Untersuchung zu EU-Milliardenzahlungen an Ungarn. «Mit der Freigabe von EU-Geldern für Ungarn wird ein sehr problematischer Eindruck erweckt», sagte der EVP-Vorsitzende Manfred Weber. Seine Fraktion werde im Europaparlament eine Prüfung der jüngsten Entscheidung der EU-Kommission zur Freigabe von Geldern für Ungarn auf den Weg bringen, so der CSU-Politiker.
«Die Sicherung der Rechtsstaatlichkeit darf nicht politischen Erwägungen zum Opfer fallen», sagte Weber. Es stehen Vorwürfe im Raum, dass die Freigabe der Gelder mit Blockadedrohungen Ungarns bei der Unterstützung der Ukraine in Zusammenhang steht. Die EU-Kommission widerspricht dieser Vorhaltung. Weber forderte, dass künftig der Europäische Gerichtshof feststellen müsse, ob in einem EU-Staat die Rechtsstaatsprinzipien eingehalten werden.
Von der Leyen will an Notfallplan arbeiten
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hält im EU-Haushaltsstreit mit Ungarn einen Ausweg ohne Zustimmung aus Budapest für möglich. Man arbeite hart an einer Lösung, der alle EU-Staaten zustimmen können. «Aber ich denke, dass es jetzt auch notwendig ist, an möglichen Alternativen zu arbeiten», sagte von der Leyen nach einem EU-Gipfel in Brüssel.