Von der Leyens Kommission übersteht weitere Misstrauensvoten
Autor: Valeria Nickel, dpa
, Donnerstag, 09. Oktober 2025
Rechte und Linke attackieren von der Leyen scharf - doch ihre Kommission hält stand. Wie geht es nach den erneuten Misstrauensvoten und Kritik von vielen Seiten weiter?
Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen hat zwei weitere Misstrauensvoten im Europäischen Parlament überstanden. Für den Vorstoß der rechten PfE-Fraktion votierten in Straßburg 179 Abgeordnete bei 378 Gegenstimmen, für den Antrag aus dem linken Lager 133 bei 383 Gegenstimmen. 37 enthielten sich bei der Abstimmung über den PfE-Antrag, 78 bei demjenigen von links. Es gab Abgeordnete unterschiedlicher politischer Lager, die sich beiden Anträgen anschlossen, teilweise unterstützten sie aber auch nur einen.
Für ein erfolgreiches Misstrauensvotum wären zwei Drittel der abgegebenen Stimmen - ohne Enthaltungen - nötig gewesen, mindestens aber 360. Insgesamt beteiligten sich von den aktuell 719 Abgeordneten je 594 an den Abstimmungen über beide Anträge. Wenn das EU-Parlament einen der Anträge angenommen hätte, wäre die EU-Kommission zum Rücktritt gezwungen gewesen. Bei einer ersten Misstrauensabstimmung im Juli hatten 175 Abgeordnete gegen von der Leyen gestimmt, 360 stellten sich hinter sie.
«Ich bin zutiefst dankbar für die starke Unterstützung, die ich heute erfahren habe», schrieb die Kommissionspräsidentin nach den neuen Abstimmungen auf X. Die Kommission werde weiterhin eng mit dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten, um die Herausforderungen Europas anzugehen.
Rechte und Linke üben Kritik am Zoll-Deal mit den USA
Was von der Leyen nicht freuen dürfte: Erstmals stimmten auch Abgeordnete der christdemokratischen EVP, zu deren Parteienfamilie die Kommissionschefin als CDU-Politikerin gehört, gegen sie. Außerdem stellten sich erstmals drei deutsche Abgeordnete der liberalen Renew-Fraktion, die den Freien Wählern angehören, bei beiden Anträgen gegen von der Leyen. Wie bereits im Juli stimmten die fünf deutschen Abgeordneten vom Bündnis Sahra Wagenknecht gegen von der Leyen - ebenfalls bei beiden Anträgen. Einzig von der Grünen-Fraktion stimmte niemand für den Misstrauensantrag der Rechten. Für den der Linken gab es Unterstützer aus allen Fraktionen.
Der PfE-Antrag, den alle 84 Abgeordneten der Fraktion unterzeichnet hatten, kritisierte unter anderem von der Leyens Wirtschafts-, Klima- und Migrationspolitik und warf ihr Intransparenz und Zensur vor. Zu den «Patrioten für Europa» gehören unter anderem Politikerinnen und Politiker der Fidesz-Partei von Viktor Orban sowie der Partei Rassemblement National (RN) von Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen und ihrem politischen Ziehsohn Jordan Bardella - der bei neuen Wahlen der nächste französische Präsident oder Premierminister werden könnte. Die RN-Abgeordneten im Europaparlament hatten auch schon das erste Misstrauensvotum gegen von der Leyen und ihr Team im Juli mitinitiiert.
Den Antrag aus dem linken Spektrum hatten fast alle Linken-Abgeordneten unterzeichnet sowie vereinzelte Grüne, ein Parlamentarier der Sozialdemokraten und mehrere Fraktionslose, darunter die europäischen BSW-Abgeordneten. Damit erreichten sie gerade so die Schwelle von einem Zehntel aller EU-Abgeordneten, um den Misstrauensantrag einreichen zu können. Die Gruppe wirft von der Leyen insbesondere vor, nicht genug gegen die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen zu unternehmen. Außerdem kritisiert sie - wie auch die PfE - den Zoll-Deal der EU mit US-Präsident Donald Trump.
Von der Leyen verwies auf Bedrohungen für Europa
Bei der Aussprache zu den Anträgen im Parlament am Montag wirkte von der Leyen friedlicher als bei der Debatte im Juli. Sie rief die Parlamentarierinnen und Parlamentarier zur Einheit auf und betonte, dass eine Spaltung den Interessen des russischen Präsidenten Wladimir Putins diene. Ein so harter Schlagabtausch, wie es ihn im Juli vor allem zwischen den Vorsitzenden der Konservativen und Sozialdemokraten gegeben hatte, fand nicht statt.