Miliz erobert Darfur - Droht dem Sudan der Zerfall?
Autor: Christina Peters und Kristin Palitza, dpa
, Dienstag, 28. Oktober 2025
Nachdem die RSF-Miliz die Kontrolle über die Hauptstadt der Region Darfur gewinnt, herrscht Angst vor einer neuen Welle der Gewalt. Könnte sich das Land spalten?
Sudans westliche Region Darfur ist nach dem Rückzug der Armee aus der Großstadt Al-Faschir nun fast komplett unter Kontrolle der paramilitärischen Miliz Rapid Support Forces (RSF). Damit erreicht der zweieinhalbjährige Konflikt zwischen der Armee und RSF einen neuen Höhepunkt. Die UN beschreiben die Lage im Sudan als die größte humanitäre Krise der Welt. Steht eine weitere militärische Eskalation bevor?
Worum geht es in dem Konflikt?
In dem ostafrikanische Staat herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Im Kern geht es um die Kontrolle über Staat und Ressourcen. Die Generäle hatten nach dem Sturz des Langzeitdiktators Omar al-Baschir 2019 gemeinsam die Macht ergriffen. Sie zerstritten sich aber über die Frage, ob die militärisch und wirtschaftlich mächtige RSF in die Armee integriert oder als eigenständige Macht bestehen sollte. Anfang des Jahres gründeten die RSF formell eine Parallelregierung für die von ihnen kontrollierten Gebiete.
Während die Armee die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, haben die RSF die Kontrolle über Darfur an der Grenze zum Tschad gewonnen. Dies hat Befürchtungen ausgelöst, dass sich das Land dauerhaft spalten könnte. 2011 machte sich bereits der Südsudan aufgrund ethnischer, religiöser und wirtschaftspolitischer Gründe nach langem Bürgerkrieg vom Sudan unabhängig.
Spielen ethnische Faktoren eine Rolle?
In der Region Darfur ist der aktuelle Konflikt maßgeblich von ethnischen Faktoren geprägt, die eng mit Fragen von Landrechten, Ressourcenverteilung und politischer Marginalisierung verwoben sind. Dabei geht es vor allem um Konkurrenz um Land und Wasser zwischen traditionell nomadischen, arabischen Volksgruppen und sesshaften, nicht-arabischen Gruppen.
In vergangenen Jahrzehnten förderte die Regierung systematisch ethnische Spannungen in Darfur, indem sie arabische Milizen (Dschandschawid) gezielt unterstützte, um Aufstände in der sich benachteiligt fühlenden nicht-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Die RSF ist eine Nachfolgeorganisation der Dschandschawid.
Wie ist die Lage in Al-Faschir jetzt?
Seitdem Al-Faschir unter Kontrolle der RSF gefallen ist, warnen die UN vor einer weiteren drastischen Verschlechterung der humanitären Lage. Die Hauptstadt des Bundesstaats Nord-Darfur war die letzte der vier Provinzhauptstädte der Region unter Kontrolle der Armee. Hunderttausende hatten in der Nähe Schutz vor der RSF gesucht. Die Miliz belagert die Stadt seit anderthalb Jahren, die Bevölkerung litt unter großem Hunger, Krankheiten und Angriffen. Nach UN-Schätzungen leben in Al-Faschir noch bis zu 300.000 Menschen.
Sie können nicht fliehen, harren in Angst aus und haben keinen Zugang zu Nahrungsmitteln oder gesundheitlicher Versorgung, wie Tom Fletcher, der Leiter des Nothilfebüros der Vereinten Nationen (Ocha), erklärte. Es wird befürchtet, dass der Bevölkerung und den Flüchtlingen durch die RSF Tötungen, Folter und Vergewaltigungen sowie ethnische motivierte Vertreibung drohen.