Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Autor: dpa
, Montag, 19. Februar 2024
Seit Monaten stocken die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Präsident Selenskyj räumt massive Probleme ein und warnt vor einer Erosion der Solidarität. Der Überblick:
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach einem Frontbesuch die Lage dort als «äußerst schwierig» charakterisiert. Probleme gebe es an Frontabschnitten, wo die Russen die größten Reserven konzentriert hätten, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. «Sie nutzen Verzögerungen bei der Hilfe für die Ukraine aus.»
Selenskyj beklagte den Mangel an Artilleriegeschossen, an Flugabwehrsystemen im frontnahen Bereich und an weitreichenden Raketen. Kiew arbeite mit Nachdruck an der Wiederaufnahme der Hilfen durch die westlichen Partner, versicherte der ukrainische Staatschef seinen Landsleuten.
Selenskyj hatte zuvor den Frontabschnitt Kupjansk im Gebiet Charkiw besucht. Die Russen, die im Herbst 2022 aus der Stadt vertrieben wurden, rücken seit Wochen auf die Kleinstadt mit dem als strategisch wichtig geltenden Eisenbahnknoten vor, auch weil die Ukrainer zu wenig Munition haben. In seiner Ansprache bedankte sich der Präsident bei den ukrainischen Betrieben, die die Rüstungsproduktion im eigenen Land vorantrieben. Derzeit könne sich das Land allerdings noch nicht autark mit Waffen und Munition versorgen und sei weiter auf Hilfen angewiesen, sagte er.
Selenskyj sprach in seiner Rede auch die Proteste polnischer Bauern gegen ukrainische Agrarexporte an. Die Blockade der Grenzübergänge durch die Polen sei ein verheerendes Signal der «Erosion der Solidarität», sagte er. Da nur fünf Prozent der ukrainischen Landwirtschaftsexporte über die polnische Grenze gingen, liege das Problem nicht beim Getreide, sondern in der Politik. Es seien gemeinsame und auf das Gemeinwohl gerichtete Entscheidungen nötig, um die Situation zu lösen, sagte er.
Abzug aus Awdijiwka offiziell beendet
Ihren Rückzug aus der monatelang schwer umkämpften Stadt Awdijiwka im Osten des Landes haben die ukrainischen Streitkräfte inzwischen für beendet erklärt. Nach der Einnahme haben russische Soldaten nach Angaben aus Kiew mutmaßlich mehrere dort zurückgebliebene ukrainische Schwerverwundete entgegen einer Vereinbarung erschossen. Der Feind habe zugestimmt, die Evakuierung der Verwundeten durchzuführen, ihnen Hilfe zu gewähren und sie später auszutauschen, teilte die aus Awdijiwka im Donezker Gebiet abgezogene 110. Brigade bei Facebook mit. Später seien jedoch in Videos der russischen Seite mindestens fünf der Zurückgebliebenen als tot identifiziert worden. Bei einem Soldaten sei der Verbleib unsicher.
Der Generalstab in Kiew sprach von einer schwierigen operativen Lage an den Fronten im Osten und Süden der Ukraine. Insgesamt seien 56 Gefechte an verschiedenen Frontabschnitten registriert worden, berichtete die Militärführung auf ihrer Facebook-Seite. Im Verlauf der russischen Angriffe seien auch Wohngebiete unter Artillerie- und Raketenbeschuss geraten. Dabei habe es Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung gegeben. Auch diese Angaben konnten nicht unmittelbar unabhängig geprüft werden.
Putin sieht Ukraine-Krieg als «Frage von Leben oder Tod»
Russland betrachtet die Lage rund um die Ukraine nach den Worten von Kremlchef Putin als «lebenswichtig». Für den Westen sei sie hingegen nur eine Frage des Taktierens, sagte Putin in einem Interview des Staatsfernsehens, aus dem die Staatsagentur Tass zitierte.