Jahr der Klimarekorde: Extrem ist das neue Normal
Autor: Christiane Oelrich, dpa
, Donnerstag, 30. November 2023
Es steht praktisch fest, dass 2023 das wärmste Jahr seit der Industrialisierung ist. Eine Wetterkatastrophe reiht sich an die nächste. Wie geht es weiter?
Extreme Hitze. Extremer Regen. Extreme Stürme. Im Jahr 2023 ist die Klimakrise in aller Welt zu spüren gewesen. Allein in Mitteleuropa und dem Mittelmeerraum waren Millionen Menschen betroffen: Im Juli gab es fast 50 Grad auf Sardinien, im August die verheerenden Waldbrände in Griechenland. Im September erschütterte eine schreckliche Starkregen-Katastrophe in Libyen mit Tausenden Toten.
Die Weltwetterorganisation (WMO) bestätigte am Donnerstag beim Auftakt der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai, dass 2023 wohl das wärmste Jahr seit der Industrialisierung werden wird. Bis einschließlich Oktober habe die global gemittelte Temperatur 1,4 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900 gelegen. Das bislang heißeste Jahr war 2016 mit plus 1,3 Grad.
Extremwetter gab es 2023 nicht nur in Europa und im Mittelmeerraum: Verheerender Regen sorgte in Brasilien im Februar für beispiellose Überschwemmungen, im Februar und März wütete Zyklon Freddy im Indischen Ozean 37 Tage lang und damit länger als jeder andere registrierte Zyklon vorher. Er richtete schwere Verwüstung in Madagaskar und Mosambik an.
Ab April gab es Rekord-Hitze von Indien bis China, im Juni und Juli schwere Überschwemmungen in Pakistan, im Oktober wurde der mexikanische Urlaubsort Acapulco durch einen fast aus dem Nichts aufbrausenden Hurrikan teils zerstört. Extremwetter gab es zwar schon immer, aber die Wissenschaft hat nachgewiesen, dass solche Ereignisse durch den Klimawandel häufiger und stärker werden.
Heißestes Jahr seit Beginn der Industrialisierung
In Deutschland war der Sommer 2023 zwar für viele Menschen gefühlt eher durchmischt, aber unbeständiges Wetter und Regen hierzulande ändern nichts daran, dass es viel zu warm war. Es steht praktisch fest, dass 2023 gemessen an der global gemittelten Temperatur das heißeste Jahr seit Beginn der Industrialisierung (1850-1900) war. Möglicherweise sogar seit Zehntausenden Jahren. Natürlich gab es da noch keine Messungen, aber die Wissenschaft kann mit der Analyse uralter Luftblasen tief im Eis auf das Klima in grauer Vorzeit schließen.
Die Lage in Deutschland
«Eigentlich sind wir in Europa seit dem heißen Sommer 2018 gefühlt im Ausnahmezustand», sagt Helge Gößling, Klimaphysiker am Alfred Wegener-Institut in Bremerhaven, der Deutschen Presse-Agentur. Er nennt unter anderem mehrere ungewöhnlich trockene und zu warme Sommer und den Starkregen im Ahrtal. «Aber wir müssen damit rechnen, dass wir im neuen Normal sind.» Für ihn ist klar, dass der Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung für die Menschheit ist.
Die Durchschnittstemperatur in Deutschland lag nach Daten des Deutschen Wetterdienstes 2018, 2019, 2020 und 2022 schon mehr als 2,5 über dem Niveau von 1881, als systematische Wetteraufzeichnungen begannen. Das ist deutlich mehr als im weltweiten Durchschnitt. Das liegt daran, dass der globale Wert die Temperaturen über den Meeresflächen einschließt, die bislang weniger stark gestiegen sind als über Land.