Israels Armee rückt mit Bodentruppen in die Stadt Gaza vor. Hilfsorganisationen richten einen dringenden Appell an die internationale Gemeinschaft. Israels Premier Netanjahu droht derweil der Hamas.
Nach dem Beginn von Israels höchst umstrittener Bodenoffensive in der Stadt Gaza fordern Hilfsorganisationen die internationale Gemeinschaft zum dringenden Handeln auf. «Die Staaten müssen alle ihnen zur Verfügung stehenden politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Mittel einsetzen, um zu intervenieren», hieß es in einer im Namen von rund zwei Dutzend Hilfsorganisationen von «Save the Children» veröffentlichten Mitteilung. UN-Generalsekretär António Guterres sagte: «Was heute in Gaza passiert, ist entsetzlich». Die Stadt Gaza im Norden werde von Israel systematisch zerstört.
Es handle sich um Gewalt in einem Ausmaß, wie er es seit seiner fast neunjährigen Amtszeit als Generalsekretär in keinem Konflikt erlebt habe, sagte Guterres in New York. «Die Wahrheit ist, dass dies moralisch, politisch und rechtlich unerträglich ist.» In der von «Save the Children» veröffentlichten Mitteilung hieß es anklagend: «Unsere Warnungen wurden ignoriert, und Tausende weitere Menschenleben stehen weiterhin auf dem Spiel».
Armee will Flucht erleichtern
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte laut «Times of Israel», bisher seien fast 400.000 Menschen den Evakuierungsaufrufen der Armee gefolgt und hätten die zur Kampfzone erklärte Stadt verlassen. Das sind aber erst weniger als die Hälfte der schätzungsweise rund eine Million Bewohner der Stadt. Er habe die Armee angewiesen, Wege zu finden, den Menschen die Flucht zu vereinfachen, wurde Netanjahu zitiert. «Weil wir ein Interesse daran haben, den Krieg schnell zu beenden und nicht mit einer Niederlage zu enden».
Am Morgen gab ein israelischer Armeesprecher in arabischer Sprache auf der Plattform X die vorübergehende Öffnung einer Evakuierungsroute Richtung Süden bekannt und wies diese in einer beigefügten Karte aus. Sie gelte ab heute 12.00 Uhr Ortszeit (11.00 Uhr MESZ) für genau 48 Stunden. Die Menschen dürften sich nur auf der ausgewiesenen Straße bewegen, hieß es. Die Maßnahme diene dazu, das Verlassen der Stadt Gaza Richtung Süden zu erleichtern, schrieb der Sprecher.
Netanjahu droht Hamas
Netanjahu warnte zugleich die islamistische Palästinenserorganisation Hamas eindringlich davor, den aus seinem Land verschleppten Geiseln etwas anzutun. Laut Medien soll die Hamas mehrere der Entführten aus unterirdischen Tunneln geholt und in Zelte und Häuser in der Stadt Gaza gebracht haben, um Israels Armee an Einsätzen in bestimmten Gebieten zu hindern. Sollten die Entführer den Geiseln Schaden zufügen, werde Israel sie bis an ihr Lebensende jagen, sagte Netanjahu. «Und dieses Ende wird viel früher kommen, als sie denken.»
Die Familien der Geiseln sind angesichts der begonnenen Bodenoffensive in der Stadt verzweifelt. Sie fürchten um das Leben der Verschleppten. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind. Die Familien der Entführten werfen Netanjahu vor, ihre Angehörigen «aus politischen Erwägungen zu opfern».
Am Abend protestierten örtlichen Medienberichten zufolge erneut Tausende Menschen vor Netanjahus Residenz in Jerusalem. Einige Demonstranten, darunter Geiselangehörige, wollten dort eine weitere Nacht in Zelten verbringen, wurden aber laut den Berichten von der Polizei weggetragen.