Historische Wahl soll politische Krise in Nordirland beenden
Autor: Benedikt von Imhoff, dpa
, Samstag, 03. Februar 2024
Auf den Tag genau nach zwei Jahren soll Nordirland wieder eine Regierung bekommen. Für die britische Provinz ist es ein einschneidendes Ereignis.
Nordirland wird zum ersten Mal in seiner Geschichte von einer katholischen Politikerin angeführt, die das frühere Bürgerkriegsgebiet gerne mit dem EU-Mitglied Irland vereinigen würde.
Michelle O'Neill von der Partei Sinn Fein wurde am Samstag im Regionalparlament in Belfast zur neuen Regierungschefin bestimmt. Sie ist die erste Katholikin in dem Amt in der 103-jährigen Geschichte des britischen Landesteils. Der irische Fernsehsender RTÉ kommentierte, es handele sich um ein politisches Erdbeben.
Damit endet auch die politische Krise in Nordirland - auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Bruch der vorigen Regierung. O'Neills katholisch-republikanische Partei Sinn Fein hatte bei der jüngsten Regionalwahl im Mai 2022 erstmals die meisten Stimmen erhalten - kann sich aber den Regierungspartner nicht frei aussuchen.
Katholiken und Protestanten in der Regierung
Das fein ausbalancierte politische System Nordirlands sieht vor, dass die konfessionellen Lager gemeinsam eine Einheitsregierung bilden müssen. Festgelegt ist das im Karfreitagsabkommen, das 1998 den jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen Katholiken, die eine Vereinigung mit Irland anstreben, und Protestanten beendet hatte.
Der größten protestantischen Partei DUP, die für die politische Union mit Großbritannien eintritt, steht nun das Amt des gleichberechtigten Vize-Regierungschefs zu. Dafür wurde Emma Little-Pengelly nominiert, eine Vertraute von Parteichef Jeffrey Donaldson.
«Dies ist ein Parlament für alle - Katholiken, Protestanten und Andersdenkende», sagte O'Neill in ihrer ersten Rede. «Trotz unserer unterschiedlichen Ansichten über die künftige Verfassungslage verlangt die Öffentlichkeit zu Recht, dass wir zusammenarbeiten, Ergebnisse liefern und zusammenarbeiten.»
Die DUP hatte zwei Jahre die Kooperation verweigert. Sie forderte ultimativ ein Ende aller Zollkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs, auf die sich die Zentralregierung in London und die EU nach dem Brexit geeinigt hatten. Erst vor wenigen Tagen stimmte die DUP einem neuen Dokument zu.