Präsident «gesucht»: Putin lässt wählen
Autor: Ulf Mauder und Hannah Wagner, dpa
, Freitag, 15. März 2024
Von einer demokratischen Wahl kann keine Rede sein. Begleitet von Betrug und ohne echte Opposition lässt sich Putin in Russland im Amt bestätigen. Vereinzelt aber regt sich am ersten Tag Protest.
Unter Ausschluss der Opposition hat in Russland eine als Farce kritisierte Präsidentenwahl für eine fünfte Amtszeit von Kremlchef Wladimir Putin begonnen. Der 71 Jahre alte Putin, der seit mehr als zwei Jahren Krieg gegen die Ukraine führt, wird absehbar sechs weitere Jahre das flächenmäßig größte Land der Erde führen.
Staatliche Wahlforscher erwarten bei der auf drei Tage angesetzten Abstimmung ein Rekordergebnis am Sonntag von mehr als 80 Prozent der Stimmen. Unter dem Eindruck des Krieges und begleitet von einzelnen Protestaktionen stimmten bereits heute laut Wahlkommission rund 27 Millionen Menschen in dem Land mit den elf Zeitzonen ab. Die Wahlbeteiligung wurde mit 24 Prozent angegeben.
Kiew: Wahlen illegitim
Insgesamt waren 114 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen, davon mehr als 4,5 Millionen in den völkerrechtswidrig besetzten Gebieten der von Russland angegriffenen Ukraine. Die Ukraine kritisiert die Abstimmung als illegal. Auch auf russischem Staatsgebiet wurde der erste Wahltag überschattet von Putins Überfall auf die Ukraine: Aus der Grenzregion Belgorod wurden erneut Angriffe gemeldet, zwischenzeitlich musste die Abstimmung dort sogar unterbrochen werden.
Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti veröffentlichte ein Video, auf dem ein leeres Wahllokal zu sehen ist, und schrieb, Belgoroder Wähler hätten in Schutzräumen Zuflucht suchen müssen. In Berichten unabhängiger russischer Medien stellte sich die Situation teils deutlich dramatischer dar: So kursierte etwa ein Video aus einem anderen Wahllokal, auf dem erst ein lautes Explosionsgeräusch zu hören ist - und dann panisch schreiende Menschen.
Seit Tagen schon liefern sich proukrainische Paramilitärs im Grenzgebiet eigenen Angaben zufolge Kämpfe mit der russischen Armee. Diese bombardierte am ersten Wahltag zudem die südukrainische Hafenstadt Odessa so heftig, dass mindestens 16 Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt wurden.
Putin: Ukrainische Angriffe werden Präsidentenwahl nicht stoppen
Kremlchef Wladimir Putin hat die neuen Angriffe von ukrainischer Seite auf das russische Grenzgebiet Belgorod am ersten Tag der Präsidentenwahl als sinnlosen Störversuch bezeichnet. «Ich bin überzeugt, dass unsere Menschen, das Volk Russlands, darauf mit einem noch größeren Zusammenhalt reagieren», sagte Putin bei einer Videoschalte mit den Vertretern nationalen Sicherheitsrates. Die Menschen in dem Vielvölkerstaat ließen sich nicht einschüchtern, so der Präsident.
Bei den seit einigen Tagen andauernden Attacken gegen das russische Grenzgebiet Belgorod und auch gegen die Region Kursk gab es zahlreiche Verletzte in der Zivilbevölkerung. Putin kündigte Hilfe für die Opfer der Angriffe an. Für die terroristischen Sabotageakte habe die Ukraine mehr als 2500 Kämpfer eingesetzt, bei denen sich die Verluste um die 60 Prozent bewegten, sagte Putin. Zudem seien 35 Panzer und etwa 40 gepanzerte Militärfahrzeuge eingesetzt worden. Die Ukraine versuche mit diesen Angriffen erneut, von den Niederlagen im eigenen Land abzulenken.