«Freie Wirtschaftszone» als Kompromiss? Kiew ist skeptisch
Autor: dpa
, Freitag, 12. Dezember 2025
Die USA bringen eine «freie Wirtschaftszone» im Donbass ins Spiel – doch die ukrainische Führung fürchtet gefährliche Zugeständnisse an Moskau. Der Druck auf Kiew steigt. Folgt ein Treffen am Samstag?
Im Ringen um ein Ende des russischen Angriffskrieges gibt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Einblick in den aktuellen Verhandlungsstand. So brachten die USA nach seinen Worten die Idee ins Spiel, den bisher von der ukrainischen Armee kontrollierten Teil des Donbass-Gebiets im Osten des Landes zur «freien Wirtschaftszone» zu erklären. Der Kompromissvorschlag bestehe darin, dass die russische Seite nicht in dieses Gebiet vordringt, sagte Selenskyj örtlichen Medienberichten zufolge in Kiew.
Allerdings ergänzte er, dass der Fairness halber umgekehrt die Frage erlaubt sein müsse: «Wenn sich die eine Seite zurückzieht, wie man es von den Ukrainern verlangt, warum zieht sich die andere Kriegspartei nicht um die gleiche Entfernung in die andere Richtung zurück?»
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte kürzlich einen Plan für eine Friedenslösung vorgelegt, den Kritiker als «russische Wunschliste» und faktische Kapitulationserklärung der Ukraine bezeichneten, weil er im Wesentlichen bekannte Forderungen Moskaus enthielt. Die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten bemühten sich, den Plan im Eiltempo umzuarbeiten und für sie nicht hinnehmbare Punkte herauszustreichen. Am Mittwoch übermittelte die Ukraine dann eine Antwort.
In den nächsten Tagen soll es weitere Treffen und Gespräche zu dem Friedensplan geben. «Am Samstag findet ein Treffen statt, wir werden sehen, ob wir daran teilnehmen oder nicht», sagte Trump im Weißen Haus - ohne zu erwähnen, mit wem die Gespräche geführt würden. Er betonte, Vertreter der USA würden an einem solchen dann Treffen teilnehmen, «wenn wir glauben, dass es gute Chancen gibt». Ansonsten wolle man keine Zeit verschwenden.
Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zuletzt erklärt, es sei möglich, dass es nach Gesprächen am Wochenende zu Beginn der nächsten Woche ein Treffen in Berlin geben werde. Die Teilnahme der US-Regierung sei aber noch fraglich.
Selenskyj: Nur das Volk kann über Gebietsfragen entscheiden
Als Knackpunkt in den Gesprächen gelten Territorialfragen und Sicherheiten für die Ukraine. Selenskyj hat Gebietsabtretungen in der Vergangenheit ausgeschlossen - aus seiner Sicht kann darüber nur das ukrainische Volk entscheiden. «In Form von Wahlen oder in Form eines Referendums, doch muss es die Position des Volkes der Ukraine sein», sagte der Staatschef Journalisten in Kiew. Vieles hänge dabei von der Lage an der Front ab.
Die USA hatten einen Abzug der ukrainischen Armee aus den noch gehaltenen Teilen der Gebiete Donezk und Luhansk vorgeschlagen. Einer aktuellen Umfrage des renommierten Rasumkow-Zentrums zufolge sind mehr als 90 Prozent der Ukrainer gegen territoriale Zugeständnisse an Russland. Kremlchef Wladimir Putin hatte erklärt, falls die Ukraine dieser Kernbedingung für einen Frieden nicht zustimmen sollte, werde Russland seine Kriegsziele eben auf dem Schlachtfeld erreichen.