EU-Kommission schlägt weitreichende Israel-Sanktionen vor
Autor: Ansgar Haase, dpa
, Mittwoch, 17. Sept. 2025
Insbesondere wegen des Widerstandes Deutschlands konnte die EU bislang keine Sanktionen wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen verhängen. Jetzt werden neue Vorschläge vorgelegt.
Als Reaktion auf die Entwicklungen im Gazastreifen schlägt die Europäische Kommission den EU-Staaten das Verhängen weitreichender Sanktionen gegen Israel vor. Nach dem Willen der Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen sollten unter anderem Freihandelsvorteile gestrichen und Strafmaßnahmen gegen extremistische israelische Minister und Siedler veranlasst werden.
Ziel des Vorstoßes ist es, Israel zu einem Kurswechsel bei seinem Vorgehen im Gazastreifen zu bewegen. Aus Sicht der Kommission verstößt das Land mit seiner Militäroffensive und der daraus resultierenden humanitären Katastrophe gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht.
Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärte: «Die entsetzlichen Dinge, die sich täglich im Gazastreifen abspielen, müssen aufhören.» Es brauche eine sofortige Waffenruhe, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe und die Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln. EU-Ratspräsident António Costa teilte mit, Europa könne die Maßnahmen der israelischen Regierung in Gaza und im Westjordanland nicht akzeptieren, «die weit über das legitime Recht Israels auf Selbstverteidigung hinausgehen».
Der israelische Außenminister Gideon Saar nannte die Empfehlungen «moralisch und politisch verzerrt» und schrieb, es sei zu hoffen, dass diese nicht angenommen werden. «Israel wird mit Hilfe seiner Freunde in Europa weiterhin gegen Versuche kämpfen, ihm zu schaden, während es sich inmitten eines existenziellen Krieges befindet», schrieb er bei X. «Schritte gegen Israel werden entsprechend beantwortet werden, und wir hoffen, dass wir nicht gezwungen sein werden, sie zu ergreifen.»
Qualifizierte Mehrheit für Handelssanktionen notwendig
Das Streichen von Freihandelsvorteilen für Israel würde nach Angaben aus der EU-Kommission 37 Prozent der israelischen Warenexporte in die EU betreffen. Da die EU für Israel der wichtigste Handelspartner ist, könnte vor allem dieser Kommissionsvorschlag Druck auf die israelische Regierung ausüben.
EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sagte, mit den Strafmaßnahmen würden Importe aus Israel ihren bevorzugten Zugang zum EU-Markt verlieren. Auf die Waren würden dann Zölle in der Höhe erhoben werden, wie sie auch für andere Länder gelten, mit denen die EU kein Freihandelsabkommen habe. Man bedauere, diesen Schritt gehen zu müssen - halte ihn jedoch für angemessen und verhältnismäßig, sagte Sefcovic weiter.
Ob der Vorstoß aus Brüssel wirklich eine Wirkung entfalten kann, ist allerdings unklar. Denkbar ist, dass EU-Staaten wie Deutschland und Italien schnell deutlich machen, dass sie den Vorstoß von der Leyens nicht unterstützen. Im Rat der Mitgliedstaaten bräuchte es zu seiner Annahme die Zustimmung von 15 der 27 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Ohne ein Ja aus Rom oder Berlin ist diese derzeit nicht absehbar, da auch einige kleinere Länder wie Ungarn, die Slowakei, Tschechien und Österreich bislang gegen scharfe Israel-Sanktionen waren.