Ein neuer Krieg? Fünf Gründe, warum in der Arktis ein globaler Konflikt droht
Autor: Robert Wagner
Deutschland, Montag, 29. August 2022
Die Ukraine, Taiwan, der Nahe Osten: Es gibt viele Konfliktherde auf der Welt. Aber ein Krieg um die Arktis? Das hört sich sehr unwahrscheinlich an - und ist doch viel wahrscheinlicher, als man zunächst vermuten würde.
Als der ehemalige US-Präsident Donald Trump 2019 versuchte, Dänemark Grönland abzukaufen, hielten das die meisten Menschen für einen schlechten Scherz oder eine irre Idee des amerikanischen Skandal-Präsidenten. Beides ist sicher nicht von der Hand zu weisen - und doch steckt hinter dem absurden Angebot auch ein handfester Konflikt. Es gibt sogar gute Gründe anzunehmen, dass der Konflikt um die Arktis einer der wichtigsten geostrategischen Konflikte der nächsten Jahre und Jahrzehnte werden wird - und von ihm eine handfeste Kriegsgefahr ausgehen könnte.
"Die Nato muss ihre Präsenz in der Arktis erhöhen", sagte auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg der Welt am Sonntag. Dies sei eine Reaktion auf die zunehmenden militärischen Aktivitäten Russlands in der Region um den Nordpol. Moskau sei dabei, Stützpunkte aus Sowjetzeiten wieder zu öffnen und dort neue hochmoderne Waffen wie Hyperschallraketen zu stationieren. Auch China interessiere sich zunehmend für die Arktis. Doch wie real ist die Gefahr eines "heißen" Konflikts? Fünf Gründe, warum der Konflikt um den Nordpol eskalieren könnte.
1. Die große Unbekannte: Die Arktis ist weniger bekannt als der Mond
Kaum eine Region der Welt ist so unbekannt, wie das Gebiet rund um den Nordpol. Nur fünf Prozent der Arktis soll überhaupt kartografiert worden sein. Ein US-Admiral soll sogar darauf hingewiesen haben, dass man genauere Karten von Mond und Mars habe, als vom Nordpolarmeer. Tatsächlich ist wenig bekannt über das Gebiet im hohen Norden. Zu unwirtlich die Region, zu schwer zugänglich und gefährlich.
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Doch genau das ist es, was die Arktis für viele Menschen so spannend macht. Nicht nur für Wissenschaftler*innen, sondern auch und vor allem für Unternehmen und politische Akteure. Doch wo verschiedene Akteure bei der Suche nach Geschäften und Gewinnen aufeinandertreffen, droht Konflikt. Im besten Fall diplomatischer, im schlimmsten Fall ein bewaffneter Konflikt.
2. Die Arktis als das letzte "El Dorado" der Erde
Die Ressourcen sind endlich. Diese bittere Wahrheit wird uns immer mehr vor Augen geführt. Umso wichtiger also, auch noch die letzten Ressourcen zu erschließen. Welche Schätze alle unter dem nicht mehr ganz so ewigen Eis in der Polarregion liegen, ist zwar noch nicht klar. Sicher ist aber schon jetzt: Die Vorkommen sind immens. Ein Großteil der russischen Erdgasreserven soll in der Region liegen. Erdöl, Kohle, Metalle - die wichtigsten Voraussetzungen unserer globalisierten und digitalisierten Welt sollen alle am Meeresboden rund um den Nordpol zu finden sein.
Doch egal, wann und wo in der Menschheitsgeschichte wertvolle Ressourcen in großen Mengen entdeckt wurden: Es folgte immer Konflikt und Gewalt. Es spricht wenig dafür, dass es in der Arktis anders laufen könnte.
3. "Mein Schatz": Unklare Rechtslage am Nordpol
Denn damit der Streit um Ressourcen nicht in Konflikte oder sogar Krieg mündet, muss es klare und international anerkannte Regeln, Gesetze und Schiedsgerichte geben. Doch genau dies fehlt in der Arktis vielerorts. Wie weit reichen die Wirtschaftsregionen der Anrainerstaaten wie Russland, Kanada oder den skandinavischen Ländern in das Polarmeer? Wer hat Anspruch auf die Ressourcen auf offener See?