Die Jungen wandern aus, die Alten regieren weiter
Autor: Christina Peters, dpa
, Freitag, 10. Oktober 2025
Afrikas Straßen gehören den Jungen, viele Präsidentenpaläste den Alten. In Kamerun rechnet der älteste Staatschef der Welt mit 92 am Sonntag mit seiner Wiederwahl. Die Jugend will vor allem eins: weg.
Denis Atangana nennt es: Senioren-Kriminalität. Der 37-jährige Oppositionelle grinst und senkt die Stimme. Sätze wie diese können in Kameruns Hauptstadt Jaunde gefährlich werden, gerade kurz vor der Wahl an diesem Sonntag. «Alterskriminalität ist doch ein viel größeres Problem als Jugendkriminalität in diesem Land.»
In Kamerun tritt der älteste Präsident der Welt, Paul Biya, mit 92 wieder an – einer seiner Slogans: «Das Beste kommt erst noch.» Als Biya 1982 ins Amt kam, wurde Helmut Kohl gerade Bundeskanzler, Steve Jobs bastelte noch am ersten Mac-Computer. Das ist 43 Jahre her. Länger ist weltweit nur der Diktator des zentralafrikanischen Nachbarlands Äquatorialguinea an der Macht.
Die Alten haben die Macht – die Jungen wollen vor allem weg
Biyas Generation hat Afrikas Präsidentenpaläste immer noch fest im Griff. Mehr als ein Drittel der Staatschefs ist über 70. In Malawi wurde zuletzt ein 85-Jähriger vereidigt, in Namibia letztes Jahr übergangsweise ein 84-Jähriger. In Uganda feiert Yoweri Museveni, 81, bald dreißigjähriges Amtsjubiläum, und in der Elfenbeinküste stellt sich Präsident Alassane Ouattara mit 83 zum vierten Mal zur Wahl. Man sei doch nicht in Kamerun, schimpfen seine Gegner dort.
Den alten Machthabern steht der jüngste Kontinent der Welt entgegen. Kinder und Jugendliche unter 19 machen die Hälfte aller Afrikanerinnen und Afrikaner aus. In Kamerun sind von etwa 30 Millionen Einwohnern ganze 25 Millionen unter 43 – eine Zeit vor Biya haben also fünf von sechs Menschen nie erlebt.
60 Prozent der Kameruner unter 35 würden gerne auswandern, ergab vergangenes Jahr eine Umfrage. Ein Viertel der jungen Leute ist der Weltbank zufolge weder in Arbeit noch in Ausbildung. Offiziell herrscht fast Vollbeschäftigung, aber Ökonomen schätzen, dass mehr als zwei Drittel der Beschäftigten von ihrem Job allein nicht leben können.
Hat eine Generation das System gekapert?
«Viele junge Menschen fühlen sich im Exil im eigenen Land», sagt Atangana. «Wir leben in einer Gerontokratie. Weil die Alten alles blockieren, während ihre Kinder keine Arbeit finden. Und weil wir Jungen nicht verstehen, dass wir die Mehrheit sind.» Atanganas Partei stellt mit dem 38-jährigen Hiram Iyodi den jüngsten der elf Gegenkandidaten Biyas. Chancen haben, wenn überhaupt, die zwei ältesten. Sie sind 76 und 77.
Der Politologe Kinang Derick Fai sagt, «Es ist eine bestimmte Generation, die das System gekapert hat und die Chancen einfach untereinander verteilt». Mit 37 leitet er in Kamerun eine zivilgesellschaftliche Organisation namens Civic Watch, die Jugendlichen Skills zur politischen Teilhabe zu vermitteln versucht.