Die großen Fragezeichen nach dem Selenskyj-Trump-Treffen
Autor: Anna Ringle, Franziska Spiecker und Andreas Stein, dpa
, Samstag, 18. Oktober 2025
Nach seinem Treffen mit Selenskyj äußert sich Trump: Die von der Ukraine erhofften Tomahawk-Marschflugkörper erwähnt er nicht - stattdessen gibt es einen Appell. Was bedeutet das nun?
Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus hatte eigentlich ein ganz konkretes Thema: Tomahawk-Waffen mit einer hohen Reichweite, die die Ukraine für ihre Verteidigung gegen den Aggressor Russland erbittet. Am Ende des Besuchs ist die Öffentlichkeit so schlau wie zuvor. Und es sind noch viel mehr Fragen aufgekommen.
Sind die Tomahawks jetzt vom Tisch?
Das ist unklar. US-Präsident Donald Trump erwähnte in seinem ersten Post auf Truth Social nach dem Gespräch mit Selenskyj in Washington die Tomahawk-Präzisionswaffe mit keinem Wort. Mit ihrer Hilfe könnte Kiew eine offensivere Rolle im Krieg spielen. Die ukrainische Armee könnte die Marschflugkörper weit nach Russland hineinschießen.
In den vergangenen Wochen wurde auch von US-Seite erwähnt, dass die Ukraine gerne Tomahawks hätte. Trump blieb aber vage und betonte noch vor dem Gespräch, die USA bräuchten ihre Tomahawks auch selbst. In dem per Fernsehen übertragenen öffentlichen Teil des Selenskyj-Besuchs sagte Trump, man könne den Krieg hoffentlich beenden, ohne über diese Waffen nachdenken zu müssen.
US-Medienberichten zufolge darf die Ukraine vorerst nicht auf eine Lieferung von Tomahawks hoffen. Trump habe dem ukrainischen Staatschef bei ihrem Treffen eine entsprechende Freigabe verweigert, berichteten unter anderem das Portal «Axios» und der Sender CNN unter Berufung auf informierte Quellen. Das Treffen sei «nicht einfach» gewesen und stellenweise «etwas emotional», hieß es weiter.
Selenskyj sagte im NBC-Format «Meet the Press with Kristen Welker»: «Es ist gut, dass Präsident Trump nicht "Nein" gesagt hat, aber heute auch nicht "Ja" gesagt hat.» Er könne keine weiteren Details nennen.
Hat Trump seine Haltung zum Krieg verändert?
Noch vor einiger Zeit hatte Trump, der in seinen Positionen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hin- und herschwankt, die Lage noch so eingeschätzt: Die Ukraine könne mit Hilfe westlicher Verbündeter ihr Staatsgebiet vom russischen Aggressor zurückerobern. Mit Zeit, Geduld und finanzieller Unterstützung insbesondere der Nato seien die ursprünglichen Grenzen zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns eine «Option», hatte es damals geheißen. Trump hatte sich zunehmend verärgert über Kremlchef Wladimir Putin gezeigt. Selenskyj kam mit Rückenwind ins Weiße Haus - mit Zusagen von europäischen Verbündeten für noch mehr Rüstungshilfe.
Jetzt appellierte Trump in seinem ersten Post nach dem Selenskyj-Besuch an beide Seiten, den Krieg zu beenden. «Sie sollten dort aufhören, wo sie sind.» Sehr viel genauer spezifizierte er das allerdings nicht. An Russland und die Ukraine gerichtet betonte er zudem: «HÖRT AUF, GEHT IN FRIEDEN NACH HAUSE ZU EUREN FAMILIEN!». Dass Russland in dem Krieg der Aggressor ist, erwähnte er dabei nicht.