China und Taiwan: Droht hier jetzt der nächste Konflikt? - Folgen wären weltweite Katastrophe
Autor: Werner Diefenthal
Taipeh, Freitag, 05. August 2022
Was hätte ein militärischer Konflikt zwischen China und Taiwan für Folgen? Wie würde die Wirtschaft darunter leiden? Und wie würden die Vereinigten Staaten reagieren?
- China und Taiwan: Die Geschichte
- Was will China?
- Wie reagieren die anderen Länder auf die Forderungen Chinas?
- Wie wahrscheinlich ist ein militärischer Konflikt?
- Was hätte er für Folgen?
Der offizielle Name Taiwans ist "Republik China". International bekannt ist das Land aber durch den Namen der Insel: Taiwan. Der kleine Inselstaat liegt etwa 180 Kilometer östlich von China. Entstanden nach dem Bürgerkrieg, entwickelte sich der kleine Staat unabhängig von China. Doch sieht die chinesische Staatsführung Taiwan immer noch als Teil des Mutterlandes und will das Land wieder "eingliedern", was allerdings Taiwan vehement ablehnt. Immer wieder kam es auch zur Androhung von Militärgewalt. Aber was hätte dies für Folgen?
Wie wahrscheinlich ist ein bewaffneter Konflikt?
China hat seine Bemühungen, Taiwan wieder einzugliedern, nie aufgegeben. In jüngster Zeit scheinen sich die Bemühungen wieder zu verstärken. Der Streit um Taiwan ist einer der gefährlichsten Konfliktherde der Welt. Inzwischen wächst die Sorge, dass China, ähnlich wie Russland in der Ukraine, versuchen könnte, die Insel zu erobern. Doch was genau wären die Gründe? Zum einen ist es für die kommunistische Regierung in Peking eine "historische Mission", die Abtrennung der Insel wieder rückgängig zu machen. Doch auch strategische Gründe spielen eine Rolle. Die Insel liegt genau zwischen Japan und den Philippinen, wäre also für China das Tor zum Pazifik. China übt seit langem Druck auf die Länder der Welt aus, Taiwan weitestgehend zu isolieren. So hat man erreicht, dass Taiwan aus den Vereinten Nationen und internationalen Organisationen ausgeschlossen wurde. Nur noch wenige kleinere Länder unterhalten noch diplomatische Beziehungen, Deutschland und die USA betreiben nur eine inoffizielle Vertretung in Taipeh.
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Wie wahrscheinlich ist eine militärische Eroberung durch China? Unter dem amtierenden Staatschef Xi Jinping hat die Gefahr deutlich zugenommen. Seit langem modernisiert China seine Marine und Luftwaffe. Eine Konfrontation scheint noch in der jetzigen Amtsperiode möglich. Doch wer würde Taiwan in diesem Fall beistehen? Joe Biden als momentaner Präsident hat es wiederholt als Verpflichtung bezeichnet, Taiwan zu verteidigen. Ob dies nur durch Waffenlieferungen oder aber mit eigenen Truppen geschehen könnte, ließ er bisher offen. Doch nach der diplomatischen Anerkennung Chinas 1979 hatten die USA sich bereits mit dem "Taiwan Relations Act" gesetzlich dazu verpflichtet, Taiwans Verteidigungsfähigkeit weiter zu unterstützen.
Darin ist festgehalten, dass die USA Waffen defensiver Art nach Taiwan liefern und das Land in die Lage zu versetzen, eine ausreichende Selbstverteidigungsfähigkeit zu wahren. Ein Versuch, die Zukunft Taiwans mit anderen als friedlichen Mitteln zu bestimmen, wird von den Vereinigten Staaten als Bedrohung des Westpazifiks definiert. Da durch den Krieg in der Ukraine die Kapazitäten der anderen Länder sehr stark gebunden sind, könnte China dies allerdings als Vorteil erkennen und dementsprechend auch ausnutzen wollen.
Was wären die Folgen eines solchen Krieges?
Zunächst einmal wären Millionen Menschen in der Region direkt betroffen. Wie viele Menschenleben ein solcher Krieg kosten würde, ist schwierig zu beziffern. Und welche Nationen direkt oder indirekt eingreifen, ist unklar. Taiwan gehört nicht zur NATO. Durch die weitestgehende diplomatische Isolation steht der Inselstaat de facto ohne Verbündete alleine gegen China. Ob und wie weit die USA eingreifen, liegt alleine in der Entscheidung des US-Präsidenten. Doch wie sähen die Auswirkungen wirtschaftlicher Art aus? Der Krieg in der Ukraine bringt die Weltwirtschaft durcheinander, wie man auch an den Gas- und Weizenlieferungen sehen kann.
Fakt ist, dass ein Krieg um Taiwan wirtschaftlich eine Katastrophe wäre, und zwar weltweit. Zwei Drittel aller weltweit benötigten Mikrochips kommen aus Taiwan. Ein militärischer Konflikt oder auch nur das Abschneiden der Handelswege würde unweigerlich zu einem massiven Mangel an den dringend benötigten Chips führen. Die Auswirkungen eines solchen Mangels waren während der Corona-Pandemie schon deutlich, als Fabriken geschlossen waren oder Schiffe nicht be- oder entladen werden konnten. Dringend benötigte Teile fehlten, die Produktion von Computern, Zubehör und auch von Autos musste zeitweise gedrosselt oder komplett eingestellt werden. Doch dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Im Falle eines Krieges würden möglicherweise Sanktionen gegen China folgen. Oder aber China würde, um den Druck auf die anderen Länder zur Akzeptanz einer Besetzung zu erhöhen, die Exporte einschränken. Da China mit einem Volumen von 2337 Milliarden Euro im Jahr 2020 mehr als 50 Prozent der weltweiten Elektroproduktion innehat, würde der Weltmarkt die Verknappung sofort spüren.