Biden und Swift: Wahlkampfhilfe für den US-Präsidenten?
Autor: Christiane Jacke und Luzia Geier, dpa
, Montag, 05. Februar 2024
Dem ältesten US-Präsidenten aller Zeiten fehlt es in seiner Wiederwahlkampagne an Schwung. Könnte ihn einer der einflussreichsten Popstars des Landes retten in dem erwarteten Duell gegen Trump?
Taylor Swift ist in den USA eine Art Lichtgestalt. Die 34 Jahre alte Sängerin bewegt nicht nur Musik-Charts, Preisverleihungen, die Entertainment-Szene und neuerdings die Football-Welt, sondern auch die Wirtschaft des Landes - und nun selbst den Präsidentschaftswahlkampf. Aufgeregte Debatten drehen sich darum, ob der Popstar erneut den Demokraten Joe Biden unterstützen könnte, wie schon 2020. Und mit welcher Wirkung.
Der 81-Jährige, der bei der Präsidentenwahl Anfang November für eine zweite Amtszeit antreten will, könnte einen Schub durch etwas Pop und Glamour mehr als gebrauchen. Der Enthusiasmus für einen Kandidaten im weit fortgeschrittenen Seniorenalter hält sich selbst in seiner eigenen Partei in Grenzen. Bidens Beliebtheitswerte sind mies. Und gerade bei Jüngeren hat der Amtsinhaber zuletzt einiges an Unterstützung eingebüßt. Könnte Taylor Swift mit ihren Abermillionen jüngeren Fans seine Rettung sein?
Das Phänomen Taylor Swift
Die 34-Jährige produziert einen Hit nach dem anderen. Bei Preisverleihungen bricht sie regelmäßig Rekorde - am Sonntagabend gewann sie für ihre Platte «Midnights» ihren vierten Grammy für das beste Album des Jahres. Swift hat bei ihren Fans einen enormen Einfluss und auf der Plattform Instagram rund 279 Millionen Follower (Biden hat dort weniger als 20 Millionen). Auf der «Forbes»-Liste der weltweit einflussreichsten Frauen landete Swift jüngst auf Rang fünf. 2023 kürte das Magazin «Time» sie zur Person des Jahres.
Diese Person ist nicht nur Künstlerin, sondern auch Geschäftsfrau: Swifts Privatvermögen wird auf über eine Milliarde US-Dollar geschätzt. Ihre Konzerte hatten solch eine wirtschaftliche Bedeutung für die Veranstaltungsorte, dass etwa die Notenbank von Philadelphia Taylor Swift in einem Konjunkturbericht erwähnte.
Als die Website des Anbieters Ticketmaster infolge der Nachfrage für ihre Welttournee zusammenbrach, führte das im US-Kongress zu Fragen nach monopolistischer Kontrolle. Und weil bei einem ihrer Auftritte in Seattle der Boden unverhältnismäßig stark wackelte, zogen Seismologen den Vergleich zu einem Mini-Erdbeben. Der Einfluss von Taylor Swift ist so bedeutsam, dass die Zeitung «USA Today» jüngst einen Reporter anstellte, der sich ausschließlich mit der Sängerin beschäftigt.
Die gewaltige Fangemeinde
Swifties - so bezeichnen sich ihre Fans - gelten als extrem loyal, nicht nur in den USA. In Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires harrten einige von ihnen über Monate in Zelten vor dem Stadion aus, um in der vordersten Reihe stehen zu können. Etwa 53 Prozent der Erwachsenen in den USA gaben in einer 2023 veröffentlichten Umfrage an, Swift-Fans zu sein. Wie die Künstlerin selbst stammen die meisten ihrer Fans in den USA aus Vorstädten oder leben auf dem Land. Etwa die Hälfte sind weiblich und Millennials - wurden also wie Swift zwischen 1981 und 1996 geboren. Rund drei Viertel sind weiß.
Swift ist nahbar, gilt als freundlich. Das Image des Mädchens von nebenan haftet ihr auch als erwachsene Frau noch an. Gleichzeitig wehrt sie sich gegen ein Frauenbild in der Popkultur, das sie selbst als schädlich empfindet. Die 2020 erschienene Netflix-Dokumentation über Swift heißt «Miss Americana». Swift, so der Subtext darin, gehört zu Amerika wie Apple Pie, Coca-Cola, Cowboystiefel und Cheerleading. Dass ihr aktueller Freund nun auch noch der Footballspieler Travis Kelce ist, scheint manchen eine nahezu verdächtige Komplettierung dieses Klischees. Die Beziehung der beiden bekam zuletzt viel Aufmerksamkeit, auch weil Swift bei Spielen von Kelces Team anwesend war und sich dann alle Augen auf sie richteten.