Trotz Kritik: Merz drückt bei russischem Vermögen aufs Tempo
Autor: dpa
, Donnerstag, 02. Oktober 2025
Der Kanzler drängelt, andere in der EU bremsen. Was wird aus der Idee, in der eingefrorenes russisches Vermögen für die Aufrüstung der Ukraine zu nutzen?
Bundeskanzler Friedrich Merz erwartet trotz der Bedenken wichtiger EU-Staaten eine schnelle Entscheidung über die Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens für die Ukraine. «Putin sollte unsere Entschlossenheit nicht unterschätzen», sagte der CDU-Vorsitzende nach dem Europa-Gipfel in Kopenhagen. «Wir werden das jetzt sorgfältig prüfen und es wird in drei Wochen auf dem nächsten Europäischen Rat, aller Voraussicht nach, dazu eine konkrete Entscheidung geben.»
Merz hatte vergangene Woche vorgeschlagen, das Vermögen der russischen Zentralbank für Kredite in Höhe von 140 Milliarden Euro zu nutzen, um die Ukraine für den weiteren Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer aufzurüsten. Dagegen gibt es aber massive Bedenken vor allem in Belgien, wo der größte Teil des Gelds lagert.
Merz: «Ich werde jeden Weg unterstützen»
Merz sagte, er verlasse den Gipfel trotzdem «mit dem sicheren Gefühl, dass es eine sehr große Übereinstimmung in der Europäischen Union und auch in der Europäischen Politischen Gemeinschaft gibt», die russischen Vermögenswerte für die Ukraine-Hilfe zu nutzen. «Ich werde jeden Weg unterstützen, der es ermöglicht, russische Vermögenswerte zu nutzen, um der Ukraine weiter zu helfen und dafür zu sorgen, dass dieser Krieg möglichst bald zu einem Ende kommt.»
Woher Merz‘ Optimismus auf eine schnelle Einigung rührt, blieb unklar. So machten mehrere EU-Beamte unmittelbar nach der Abreise des Kanzlers vom Gipfel deutlich, dass bei dem Spitzentreffen in drei Wochen wohl höchstens vereinbart werden könne, den Vorschlag weiterzuverfolgen. Die EU-Kommission könnte demnach im Anschluss einen konkreten Vorschlag vorlegen, der dann wiederum von den Regierungen der Mitgliedstaaten diskutiert werden müsste.
De Wever bietet Merz die Stirn: «Das ist sehr, sehr riskant»
Der belgische Premierminister Bart De Wever brachte sich beim Gipfel als direkter Gegenspieler des Kanzlers in Stellung. Er warf den Unterstützern des Projekts vor, die Gefahren sträflich zu vernachlässigen und keine Antworten auf offene Fragen zu haben. Man begebe sich in unbekannte Gewässer. «Das ist sehr, sehr riskant», sagte er.
Neben der Gefahr einer Enteignung von Vermögenswerten europäischer Unternehmen in Russland nannte De Wever dabei auch die Möglichkeit, dass es Anschlagsversuche gegen den Chef des belgischen Finanzinstituts Euroclear geben könnte.
«Ich höre bereits aus Moskau: Wenn ihr mein Geld antastet, werdet ihr die Folgen bis in alle Ewigkeit spüren», sagte De Wever. Nach seinem Verständnis heiße das auf Russisch auch: «Wir könnten euch in die Ewigkeit schicken.» Der Direktor von Euroclear stehe bereits unter engem Personenschutz.