Bei Verstoß gegen Waffenruhe-Abkommen: Israel droht Hamas
Autor: Lars Nicolaysen, dpa
, Donnerstag, 16. Oktober 2025
Die Islamisten in Gaza behaupten, keinen Zugang zu weiteren Geisel-Leichen zu haben. Israel findet sich damit nicht ab - und droht. Hält die Waffenruhe?
Israel fordert die islamistische Hamas zur Übergabe aller toten Geiseln auf und droht bei Nichteinhaltung des Waffenruhe-Abkommens mit der Rückkehr zum Krieg im Gazastreifen. Verteidigungsminister Israel Katz sagte laut der israelischen Nachrichtenseite «ynet», das Abkommen verlange die Entwaffnung der Hamas sowie die Übergabe aller lebenden und toten Geiseln. Sollte sich die Terrororganisation weigern, die Vereinbarung einzuhalten, werde Israel die Kämpfe wieder aufnehmen. Er habe das Militär angewiesen, für diesen Fall einen umfassenden Plan auszuarbeiten.
Die Hamas hatte am Abend zwei weitere Leichen übergeben und nach eigener Darstellung damit alle für sie erreichbaren Überreste von Geiseln ausgehändigt. Die israelische Armee bestätigte am Morgen nach Abschluss des Identifizierungsprozesses, dass es sich bei den beiden zuletzt übergebenen Leichen um getötete Geiseln handelt, eine Frau und einen Mann. Laut Vereinbarung muss die Hamas insgesamt 28 Geiselleichen übergeben. Bisher übergab sie zehn Leichen. Bei einer davon handelt es sich nach israelischen forensischen Erkenntnissen nicht um die sterblichen Überreste einer Geisel.
In einer Erklärung der Hamas hieß es: «Was die übrigen Leichen betrifft, so sind zu ihrer Bergung außerordentliche Bemühungen und spezielle Ausrüstungen nötig». Man unternehme große Anstrengungen, um die Sache abzuschließen. Israels Armee erklärte: «Die Hamas ist verpflichtet, sich an die Vereinbarung zu halten und die nötigen Schritte zu unternehmen, um alle Geiseln zurückzugeben.»
Die Terrororganisation erklärte jedoch, sie habe ihre Verpflichtungen aus dem Waffenruhe-Abkommen erfüllt. Bereits am Montag hatten die Islamisten die letzten 20 lebenden Geiseln im Gazastreifen freigelassen. Die erste Phase der von US-Präsident Donald Trump initiierten Waffenruhe sieht die Freilassung und Übergabe aller lebenden und toten Geiseln vor.
Israel weist Behauptung der Hamas zurück
Israel weist laut der israelischen Nachrichtenseite «ynet» die Erklärung der Hamas zurück, sie habe jetzt alle toten Geiseln übergeben, die sie erreichen kann. Nach Israels Informationen habe die Hamas Zugang zu mindestens zehn weiteren toten Geiseln. Die USA gehen laut zwei ranghohen US-Beratern jedoch nicht davon aus, dass die Hamas gegen ihre Verpflichtungen aus dem Waffenruhe-Abkommen verstößt. Die Hamas habe über Vermittler zugesichert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die übrigen Leichen zu finden, hieß es.
Nach Meinung des CDU-Sicherheitspolitikers Roderich Kiesewetter sind die Übergabe aller Geiseln und eine Entwaffnung der Hamas essenziell für eine vollständige Umsetzung des Gaza-Friedensplans von Trump. «Die Hamas hat weiterhin nicht alle ermordeten Geiseln freigegeben und solange das nicht der Fall ist, können die weiteren Schritte in Trumps Friedensplan nicht vollzogen werden», sagte Kieswetter in einem Interview der «Jüdischen Allgemeinen». Besonders die Entwaffnung der Hamas werde sich hier als «absolut notwendig, aber schwierig, erweisen», sagte der CDU-Politiker.
US-Berater: «Dies ist eine sehr komplizierte Situation»
Viele Leichen von Geiseln könnten unter den Ruinen ausgebombter Gebäude oder in Tunnelschächten verschüttet sein. «Dies ist eine sehr komplizierte Situation», sagte ein ranghoher US-Berater. «Ich kann Ihnen sagen, dass wir hier nicht weggehen werden, bis alle (Geiseln) nach Hause kommen.»