Agrarminister Özdemir kritisiert Deutschtürken - Spontane Erdogan-Feiern in Franken
Autor: Agentur dpa, Redaktion
Ankara, Montag, 29. Mai 2023
Das Ergebnis der Stichwahl zwischen Erdogan und seinem Herausforderer Kilicdaroglu wurde verkündet: Erdogan hat die Stichwahl gewonnen. Viel Zuspruch hatte der Amtsinhaber in Deutschland - was unter anderem Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) scharf kritisiert.
Update vom 29.05.2023, 14.40 Uhr: Özdemir kritisiert Deutschtürken - Erdogan-Feiern in Franken
Nach dem Sieg von Recep Tayyip Erdoğan bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in der Türkei hat Bundesagrarminister Cem Özdemir das Wahlverhalten von Türken in Deutschland scharf kritisiert. Ihn interessiere, was in Deutschland los sei, wo die Anhänger von Erdogan feierten, "ohne für die Folgen ihrer Wahl einstehen zu müssen", schrieb der Grünen-Politiker in der Nacht zu Montag auf Twitter. Das müssten viele Menschen in der Türkei durch Armut und Unfreiheit. "Sie sind zurecht wütend. Darüber wird zu reden sein!» Özdemir selbst ist türkischer Herkunft, hat aber eigenen Angaben zufolge keinen türkischen Pass.
Bei der Stichwahl am Sonntag stimmte eine deutliche Mehrheit der Wahlberechtigten in Deutschland für Erdogan. Beim Stand von rund 95 Prozent der ausgezählten Wahlurnen aus Deutschland kam der Amtsinhaber bei dieser Gruppe laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu auf 67,4 Prozent der Stimmen. Erdogan schnitt bei den Wählerinnen und Wählern in Deutschland somit erneut deutlich besser ab als insgesamt. In Deutschland waren rund 1,5 Millionen türkische Staatsbürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Rund 50 Prozent von ihnen stimmten ab. Nach der Verkündung von Erdogans Sieg feierten seine Anhänger in einigen deutschen Städten wie Berlin, Hamburg oder Duisburg.
Auch in der Nürnberger Innenstadt kamen am Sonntagabend bis zu 1000 Menschen zusammen. Beamte der Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte betreuten diese Spontanversammlung mit Einsatzkräften des Unterstützungskommandos Mittelfranken (USK). Im Bereich rund um den Plärrer kam es zeitweise zu Verkehrsbehinderungen.
Ab 19:30 Uhr konnte am Plärrer eine anwachsende Menschenmenge festgestellt werden, die sich zunächst im Einmündungsbereich zur Gostenhofer Hauptstraße aufhielt. Zeitgleich kam es rund um den Plärrer zu einem Autokorso mit rund 100 Fahrzeugen. Da die anwesenden Personen Parolen mit Bezug zur Wahl in der Türkei skandierten, werteten die Polizeibeamten das Geschehen als Versammlung. Die Beamten wiesen der Menschenmenge daraufhin eine Versammlungsfläche auf der Straßenbahninsel am Plärrer zu. Dort hielten sich im Zeitraum anschließend bis zu 1000 Personen auf, bevor die Versammlung gegen 22.00 Uhr beendet wurde. Bis auf das Abbrennen eines Bengalischen Feuers verlief die Versammlung ohne sicherheitsrelevante Störungen.
Gegen 22.40 Uhr stellte die Polizei wiederum fest, dass rund 100 Personen im Bereich des Plärrers versuchten, einen Autokorso zu initiieren. Um dies zu verhindern, sperrten Polizeistreifen den Plärrer zeitweise für den Fahrzeugverkehr und ahndeten wiederholt festgestellte Verkehrsverstöße (z. B. Hupen, Missachten roter Ampeln).
Özdemir schrieb weiter, die Autokorsos in Deutschland seien keine Feiern harmloser Anhänger eines etwas autoritären Politikers. "Sie sind eine nicht zu überhörende Absage an unsere pluralistische Demokratie und Zeugnis unseres Scheiterns unter ihnen. Übersehen geht nicht mehr." Es tue ihm um die vielen, vor allem jungen und gut ausgebildeten Menschen in der Türkei leid, die jede Hoffnung verlören. Er fürchte, dass Ultranationalismus und Fundamentalismus sich nun noch stärker durch neue Imame aus Ankara hierzulande verbreiten würden.
Update vom 29.05.2023, 7 Uhr: Erdogan hat Wahl für sich entschieden
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan lässt sich feiern. Er steht vor seinem Palast in der Hauptstadt Ankara, Tausende Menschen jubeln ihm zu, mit türkischen Fahnen. "Unsere Demokratie hat gesiegt", sagt er. Niemand der 85 Millionen Türken habe verloren, gibt er sich zunächst versöhnlich - und wirft der Opposition wenig später einmal mehr Verbindungen zu Terroristen vor.