Zwischen Meme, Memme und Macho: Der Performative Male
Autor: Gregor Tholl, dpa
, Sonntag, 09. November 2025
Mit Performative Male ist ein Typ Mann gemeint, der sich besonders feministisch gibt. Was hat es mit diesem angeblichen Phänomen des Jahres auf sich?
Wären alle Kerle wie er, denkt der sogenannte performative Mann angeblich, dann wäre die Welt geschlechtergerecht und eine bessere. Wenn Frauen über Sexismus reden und über ihre Angst vor übergriffigen Männern im Alltag, dann fühlt er sich selbstverständlich nicht angesprochen. Schließlich ist er, der aufgeklärte Frauenversteher, der personifizierte Feminismus.
Die «New York Times» meinte, dieser Typus Mann pflege sein Erscheinungsbild dergestalt, «dass er glaubt, bei progressiven Frauen sympathischer zu wirken».
Der «Performative Male» bekam in den letzten Monaten als neuer Archetyp viel Aufmerksamkeit. Es gab Tiktok-Beiträge, Magazinartikel und Memes (digital rasch verbreitete Ideen) sowie ironische Wettbewerbe in einigen Metropolen. Am 19. November ist übrigens Weltmännertag.
Bei Judith Butler («Das Unbehagen der Geschlechter»), heute sehr umstritten, hieß es einst, Gender sei grundsätzlich performativ. Sprich: Das soziale Geschlecht werde erst durch Sprache und bestimmtes Verhalten konstruiert.
Klischee: Skincare-Routine, Kabelkopfhörer, Jutebeutel
Der Begriff «performativ» erfährt aber nun eine sarkastische Umdeutung – ähnlich wie «woke»: vom soziologischen Konzept zu einer Art Schmähwort. Menschen, die sich aktivistisch geben und politische Korrektheit betonen, wird rasch nachgesagt, dies nur fürs eigene Image zu tun.
Im verdichteten Klischee wird der Performative Male oft wie folgt beschrieben:
- Er trinkt Matcha Latte, benutzt Kabelkopfhörer und kennt sein Sternzeichen
- Er hört Jazz- oder Indie-Pop, aber natürlich auch Taylor Swift
- Er sagt, er weine bei traurigen Filmen, Serien oder Dokus
- Er hat eine Skincare-Routine, teilt mit seiner Freundin den Nagellack und hat kein Problem damit, auch mal bauchfrei herumzulaufen
- Er führt eine Tragetasche mit sich (am besten mit Labubu) oder trägt auch mal einen Jutebeutel (gern vom anspruchsvollen Streamingdienst Mubi)
- Er trägt nicht nur Sneaker, sondern auch Loafer - gern mit weißen Socken
- Er kann jederzeit ein sorgfältig ausgewähltes feministisches Buch herausholen und demonstrativ im Café, Bus oder Park lesen
- Er ist stolzer Besitzer einer Vinylsammlung und geht auf Flohmärkte, um seine Plattenkollektion zu ergänzen
- Er lässt andere gern an seinen Erkenntnissen über die diskriminierenden Strukturen unserer Gesellschaft teilhaben
- Er trägt meist weite Hosen, die Beine, Schritt und Po umwehen - man will ja nicht, dass sich Gemächt oder Muskeln abzeichnen
- Wenn er Bartträger ist, dann ist es kein Vollbart oder Pornobalken, sondern ein schmaler Oberlippenbart - man ist ja keine Testosteronbombe