Wie Ken Follett mit «Stonehenge» Geschichte neu erzählt
Autor: Martin Oversohl, dpa
, Dienstag, 23. Sept. 2025
Wie bringt Bestseller-Autor Ken Follett seine Leser dazu, selbst bei uralten Steinkreisen mitzufiebern? Ein Blick auf die Erfolgsrezepte seines neuen Romans «Stonehenge».
Bei Ken Follett kann man sich sicher sein: Veröffentlicht der Brite einen seiner backsteindicken Historienromane, wird das Buch in kürzester Zeit zum Bestseller. Da ist es dann auch egal, ob seine Helden Spione sind, Kathedralen errichten oder Kriege führen – oder, wie im neuen Werk «Stonehenge - Die Kathedrale der Zeit» («Circle of Days»), vor 4500 Jahren tonnenschwere Brocken durch die südenglische Ebene ziehen, um einen gewaltigen Steinkreis zu errichten.
Follett überlässt beim Schreiben nichts dem Zufall. Er recherchiert gründlich, fast handwerklich. In den ersten sechs bis zwölf Monaten sammelt er Material und fasst es zu einem etwa 50-seitigen Exposé zusammen, das er von Geschichtsprofessoren und – bei jüngeren Stoffen – auch von Zeitzeugen prüfen lässt. Genauigkeit und historische Detailtreue sind ihm wichtig. Erst danach entwickelt er Schritt für Schritt die Fassungen bis zum fertigen Roman, wie er kurz vor der Veröffentlichung von «Stonehenge» in London erzählt.
Mehr als 190 Millionen verkaufte Exemplare
Mehr als 190 Millionen verkaufte Exemplare belegen seinen Erfolg. Nach fast 40 Romanen in über 80 Ländern vertrauen Leserinnen und Leser auf solides Handwerk, klaren Rhythmus – und auf eine klare Erzähltechnik, aus der Follett kein Geheimnis macht.
Kurze Sätze, viel Tempo – und Sex
Ein Beispiel? «Die Geschichte braucht alle vier bis sechs Seiten eine Wendung», verriet er. Andernfalls langweile sich das Publikum, statt mit den Figuren zu hoffen und zu bangen. Die meisten Romane bestünden aus etwa 50 dramatischen Szenen - eine Methode, die Tempo, Spannung und Aufmerksamkeit garantiert.
Verschachtelte Handlungsgänge? Lange Sätze? Alles Fehlanzeige bei Follett. Tiefe in den Charakterzügen umgeht er geschickt. Seine Sprache bleibt schlicht, die Szenen wechseln schnell, und auch Liebesschwüre sowie Sexszenen nehmen in «Stonehenge» viel Raum ein.
Kritik an blassen Charakteren
Im Zentrum stehen bei Follett meist einfache Menschen, die Großes leisten: In seinem Erfolgsroman «Die Säulen der Erde» bauen Steinmetze im England des zwölften Jahrhunderts eine Kathedrale, in «Stonehenge» entsteht eine Kultstätte, die 5000 Jahre später noch zu den bedeutendsten Orten der Welt zählt. «Mich inspiriert die Vorstellung, dass Menschen aus benachteiligten Verhältnissen Großes vollbringen können», sagte der 76-Jährige der «FAZ».
Fans schätzen diese klare Figurenführung und die leichte Lesbarkeit trotz des wuchtigen Stoffes. Kritiker hingegen halten seine Methode für vorhersehbar, schablonenhaft und die Charaktere oft für blass.