Vor 50 Jahren starb Ingeborg Bachmann
Autor: Lisa Forster, dpa
, Dienstag, 17. Oktober 2023
Zum 50. Mal jährt sich der Todestag von Ingeborg Bachmann, der berühmten Schriftstellerin. Sie schrieb über den Krieg, rauchte Kette und trug wohl gern Paillettenkleider. Warum es sich lohnt, ihre Texte heute noch zu lesen.
Einmal läutet die Polizei Sturm bei der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann. Der Grund: Nächtlicher Lärm in ihrer Wohnung, die Nachbarn hätten sich beschwert. Erst versteht die Dichterin nicht, was für ein Lärm gemeint sein soll. Bis es ihr schwant: Es geht um Schreibmaschinengeklapper.
Sie könne nur nachts arbeiten, erklärt sie den Beamten. Was denn ihr Beruf sei, fragen die, und Bachmann erklärt. Sie schreibt Gedichte. Die Polizei reagiert mit Kopfschütteln: «So kleine Gedichte und so viel Lärm!»
So zumindest erinnert sich Bachmanns Freund Uwe Johnson in einer Erzählung an eine Episode aus dem Alltag Ingeborg Bachmanns in Rom. 50 Jahre ist es nun her, dass sie gestorben ist. Ja, Ingeborg Bachmann (1926-1973) schrieb Gedichte. Und Erzählungen, Hörspiele, Essays und einen Roman. Ihre Texte gehören heute zur wichtigsten Literatur des 20. Jahrhunderts.
Noch immer lohnt es sich, Bachmann zu lesen. Die Österreicherin thematisierte die Schwierigkeit, sich als Frau in vielen Bereichen unserer männlich geprägten Gesellschaft zu behaupten. Sie erzählt von den Auswirkungen, die der Krieg auf Menschen hat. Und von den Hoffnungen, der Angst und der Erfüllung, die in der Liebe liegen.
Bachmann als Literaturstar
Mit ihren feministischen Texten war Bachmann eine Vorreiterin. Manches, etwa ihr Roman «Malina» von 1971, wäre noch bahnbrechend, würde es heute erscheinen. «Lärm» machten ihre Gedichte schon damals. Allerdings in ganz anderer Hinsicht - sie wurde damit sehr berühmt. Bachmann war 1954 die erste Lyrikerin auf dem Cover des «Spiegel». Danach wurde sie zum Literaturstar, erhielt Preise, dozierte an der Universität.
Aus ihren Briefen und mehreren Biografien ist zu erahnen: Bachmann war ein Mensch voller Widersprüche. Die Autorin, die über den Philosophen Martin Heidegger promovierte, vertiefte sich gerne in intellektuelle Fragen, war als Kettenraucherin bekannt. Gleichzeitig mochte sie das Nachtleben, Tanzen, elegante Kleider. Mit vielen berühmten Leuten war sie befreundet. Zum Beispiel mit Hans Magnus Enzensberger, der einmal mit der Autorin Ina Hartwig über Bachmann sprach. In ihrer Biografie resümiert sie das Gespräch und zitiert: «Als Gesamteindruck bleibt dies: "Ingeborg Bachmann in Paillettenkleidern."»
Gesellschaftliche und zwischenmenschliche Gewalt
Der Kontrast zu ihren Texten könnte nicht größer sein. Sie handeln von politischer und zwischenmenschlicher Gewalt. Lange, bevor es Thema in Österreich wurde, thematisierte sie das Fortwirken des Faschismus nach dem Kriegsende. «Malina» handelt davon. Ein weibliches Ich versucht darin, zum Sprechen zu kommen – und muss dafür in einer Art Traumatherapie schreckliche, vom Krieg und Patriarchat geprägte Alpträume durchleben.