Forscher der Universität Würzburg haben den Mini-Satelliten UWE-3 entwickelt. Jetzt wartet der kleine Flugkörper darauf, dass eine Rakete ihn in den Weltraum bringt.
Der Vorgänger ist seit Monaten stumm. Aber er lebt. "Radarstationen in den USA haben ihn noch auf dem Schirm. Wir kennen seine Daten, seine Umlaufbahn. Nur er spricht nicht mit uns", sagt Klaus Schilling. Der Würzburger Informatikprofessor und sein Team haben die Hoffnung nicht aufgegeben, doch wieder Kontakt zu UWE-2 aufzunehmen. UWE-2 - die Abkürzung steht für Universität Würzburg Experimentalsatellit - ist verglichen mit anderen Satelliten ein Winzling: ein kleiner Würfel mit zehn Zentimetern Seitenlänge, nur ein Kilogramm schwer.
Doch die Projektgruppe am Lehrstuhl für Robotik und Telematik der Universität Würzburg ist gerade auf die kompakte Form stolz. Der sogenannte Pico-Satellit, der im Herbst 2009 mit einer indischen Rakete ins All geschossen wurde, sollte vor allem Navigationsexperimente durchführen, aber auch Internet-Verbindungen unter Weltraumbedingungen testen.
Internationales Team
Daran soll jetzt der Nachfolger anknüpfen. "UWE-3 ist so gut wie fertig", berichtet Schilling. Zehn Personen aus mehreren Nationen haben in den vergangenen Monaten in Würzburg daran gearbeitet: der Professor, einige Doktoranden und Studenten des internationalen Studiengangs "Space Master". Einer von ihnen ist Karthik Ravandoor. Der Inder kam im Herbst 2005 nach Würzburg, um sich für den damals neuen Space-Master-Studiengang einzuschreiben. Es war die Zeit, als UWE-1 zu seiner Raumfahrtmission geschickt wurde. Der Winzling, der immer noch stumm im Orbit schwebt, war der erste deutsche Pico-Satellit.
Jetzt schreibt Ravandoor an seiner Doktorarbeit, ist zuständig für die Lagebestimmung des Nachfolgers der dritten Generation. In der Robotikhalle am Würzburger Studenten-Campus Hubland machen er und sein Kollege Martin Kerstner letzte Tests mit UWE-3. Kerstner steckt den Pico-Satelliten in eine große runde Kammer. Wenig später ist UWE-3 von flüssigem Stickstoff umgeben. Die Temperatur in der Kammer fällt auf minus 196 Grad Celsius - Weltraumbedingungen. "Durch die Miniaturisierung tauchen vermehrt Störungen auf.
Je kleiner ein Satellit ist, desto mehr Informatik ist nötig, um diese zu korrigieren", erklärt Professor Schilling. Der gebürtige Bayreuther ist seit 2003 Inhaber des Würzburger Lehrstuhls für Technische Informatik. Er und seine Mitarbeiter entwickeln unter anderem Robotiksysteme, die in Industrie und Medizintechnik eingesetzt werden: Elektromobile für Senioren zum Beispiel. Doch Schillings Leidenschaft gehört dem UWE-Forschungsprojekt. Dabei helfen ihm seine Kontakte zur Raumfahrtindustrie. Der 54-Jährige arbeitete selbst viele Jahre in der Branche, bevor er einem Ruf nach Stanford (Kalifornien) und anschließend nach Würzburg folgte.
"Wir wollen mit vielen verteilten kleinen Satelliten ähnlich leistungsfähig wie ein großer sein", beschreibt der Raumfahrtexperte das Ziel. Netze von kleinen Satelliten könnten die großen Flugkörper irgendwann ersetzen. "Mit den kleinen kann man viel robuster arbeiten. Fällt einer aus, bricht nicht alles zusammen, sondern das System funktioniert weiter", erklärt Schilling den Vorteil der Miniatur-Satelliten. Der Würzburger Professor erwartet eine ähnliche Entwicklung wie bei Computern. "Früher gab es riesige Rechner, heute ist alles auf kleine verteilt, die gut miteinander vernetzt sind."
"Ein Wettrennen"
Das Konzept, das nach Schillings Meinung die Raumfahrt verändern könnte, haben mittlerweile auch andere Nationen für sich entdeckt. Japaner und Amerikaner entwickeln mit Vorliebe Pico-Satelliten. "Im Moment sind wir noch vorne mit dabei, aber es ist ein Wettrennen", sagt Schilling. Deshalb arbeiten er und seine Studenten schon an UWE-4, obwohl der Vorgänger noch nicht einmal im All ist. Im Dezember könnte es soweit sein. Dann soll UWE-3 mit der völlig neuen europäischen Trägerrakete Vega abheben - als einer von neun Mini-Satelliten.
Währenddessen zieht Vorgänger UWE-2 stumm seine Bahnen. 99 Minuten benötigt der Trabant, um den Erdball zu umkreisen. "Von den amerikanischen Radarstationen wissen wir seine Flugbahn und wann er über Würzburg fliegt", sagt Schilling. Immer wieder fahren die Würzburger die vier Meter hohen Antennen auf dem Fakultätsgebäude hoch, um einen Funkkontakt herzustellen - bisher vergebens. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, auch bei Klaus Schilling: "Es gab Fälle, da hat sich ein Satellit zehn Jahre nicht gerührt, und plötzlich war er wieder da."
Wer ist UWE-3 (Universität Würzburg Experimentalsatellit)?
Raumflugkörper
Der Pico-Satellit UWE-3 ist die dritte Generation einer Serie von Kleinst-Satelliten der Universität Würzburg. Der Name Pico steht für die kleinste Form von Satelliten, die es gibt - Höchstgewicht: ein Kilogramm.
Ziel
UWE-3 ist ein Forschungssatellit - er dient rein wissenschaftlichen Zwecken. Unter anderem soll er Navigationsexperimente durchführen und Internetverbindungen unter Weltraumbedingungen testen. Der Austausch von Daten über das Internet funktioniert auf der Erde ziemlich problemlos. Zwischen All und Erde sieht das anders aus. Hier behindern Wolken und atmosphärische Störungen den Datenverkehr. UWE-3 soll den Würzburger Wissenschaftlern wichtige Erkenntnisse liefern, um die gängigen Internetprotokolle an diese Bedingungen anzupassen.
Fortschritt
Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern ist UWE-3 steuerbar. Ein installiertes Schwungrad schafft es mit Hilfe des Magnetfelds der Erde, den Satelliten zu drehen. Möglicherweise besitzt er auch schon eine Kamera, um Bilder von der Erde zu liefern.
Kosten
Die Entwicklung von UWE-3 ist im Vergleich zu den großen Satelliten der Luft- und Raumfahrtkonzerne ein Schnäppchen. An reinen Materialkosten fallen rund 40 000 Euro an. Allein der Transport mit einer Rakete ins All kostet doppelt so viel. Doch UWE-3 soll im Dezember mit der europäischen Trägerrakete Vega starten. Da es ihr Jungfernflug sein wird, ist der Transport laut UWE-Projektleiter Klaus Schilling kostenlos - das "Ergebnis langer Verhandlungen". zl
Doch die Projektgruppe am Lehrstuhl für Robotik und Telematik der Universität Würzburg ist gerade auf die kompakte Form stolz. Der sogenannte Pico-Satellit, der im Herbst 2009 mit einer indischen Rakete ins All geschossen wurde, sollte vor allem Navigationsexperimente durchführen, aber auch Internet-Verbindungen unter Weltraumbedingungen testen.
Internationales Team
Daran soll jetzt der Nachfolger anknüpfen. "UWE-3 ist so gut wie fertig", berichtet Schilling. Zehn Personen aus mehreren Nationen haben in den vergangenen Monaten in Würzburg daran gearbeitet: der Professor, einige Doktoranden und Studenten des internationalen Studiengangs "Space Master". Einer von ihnen ist Karthik Ravandoor. Der Inder kam im Herbst 2005 nach Würzburg, um sich für den damals neuen Space-Master-Studiengang einzuschreiben. Es war die Zeit, als UWE-1 zu seiner Raumfahrtmission geschickt wurde. Der Winzling, der immer noch stumm im Orbit schwebt, war der erste deutsche Pico-Satellit.
Jetzt schreibt Ravandoor an seiner Doktorarbeit, ist zuständig für die Lagebestimmung des Nachfolgers der dritten Generation. In der Robotikhalle am Würzburger Studenten-Campus Hubland machen er und sein Kollege Martin Kerstner letzte Tests mit UWE-3. Kerstner steckt den Pico-Satelliten in eine große runde Kammer. Wenig später ist UWE-3 von flüssigem Stickstoff umgeben. Die Temperatur in der Kammer fällt auf minus 196 Grad Celsius - Weltraumbedingungen. "Durch die Miniaturisierung tauchen vermehrt Störungen auf.
Je kleiner ein Satellit ist, desto mehr Informatik ist nötig, um diese zu korrigieren", erklärt Professor Schilling. Der gebürtige Bayreuther ist seit 2003 Inhaber des Würzburger Lehrstuhls für Technische Informatik. Er und seine Mitarbeiter entwickeln unter anderem Robotiksysteme, die in Industrie und Medizintechnik eingesetzt werden: Elektromobile für Senioren zum Beispiel. Doch Schillings Leidenschaft gehört dem UWE-Forschungsprojekt. Dabei helfen ihm seine Kontakte zur Raumfahrtindustrie. Der 54-Jährige arbeitete selbst viele Jahre in der Branche, bevor er einem Ruf nach Stanford (Kalifornien) und anschließend nach Würzburg folgte.
"Wir wollen mit vielen verteilten kleinen Satelliten ähnlich leistungsfähig wie ein großer sein", beschreibt der Raumfahrtexperte das Ziel. Netze von kleinen Satelliten könnten die großen Flugkörper irgendwann ersetzen. "Mit den kleinen kann man viel robuster arbeiten. Fällt einer aus, bricht nicht alles zusammen, sondern das System funktioniert weiter", erklärt Schilling den Vorteil der Miniatur-Satelliten. Der Würzburger Professor erwartet eine ähnliche Entwicklung wie bei Computern. "Früher gab es riesige Rechner, heute ist alles auf kleine verteilt, die gut miteinander vernetzt sind."
"Ein Wettrennen"
Das Konzept, das nach Schillings Meinung die Raumfahrt verändern könnte, haben mittlerweile auch andere Nationen für sich entdeckt. Japaner und Amerikaner entwickeln mit Vorliebe Pico-Satelliten. "Im Moment sind wir noch vorne mit dabei, aber es ist ein Wettrennen", sagt Schilling. Deshalb arbeiten er und seine Studenten schon an UWE-4, obwohl der Vorgänger noch nicht einmal im All ist. Im Dezember könnte es soweit sein. Dann soll UWE-3 mit der völlig neuen europäischen Trägerrakete Vega abheben - als einer von neun Mini-Satelliten.
Währenddessen zieht Vorgänger UWE-2 stumm seine Bahnen. 99 Minuten benötigt der Trabant, um den Erdball zu umkreisen. "Von den amerikanischen Radarstationen wissen wir seine Flugbahn und wann er über Würzburg fliegt", sagt Schilling. Immer wieder fahren die Würzburger die vier Meter hohen Antennen auf dem Fakultätsgebäude hoch, um einen Funkkontakt herzustellen - bisher vergebens. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, auch bei Klaus Schilling: "Es gab Fälle, da hat sich ein Satellit zehn Jahre nicht gerührt, und plötzlich war er wieder da."
Wer ist UWE-3 (Universität Würzburg Experimentalsatellit)?
Raumflugkörper
Der Pico-Satellit UWE-3 ist die dritte Generation einer Serie von Kleinst-Satelliten der Universität Würzburg. Der Name Pico steht für die kleinste Form von Satelliten, die es gibt - Höchstgewicht: ein Kilogramm.
Ziel
UWE-3 ist ein Forschungssatellit - er dient rein wissenschaftlichen Zwecken. Unter anderem soll er Navigationsexperimente durchführen und Internetverbindungen unter Weltraumbedingungen testen. Der Austausch von Daten über das Internet funktioniert auf der Erde ziemlich problemlos. Zwischen All und Erde sieht das anders aus. Hier behindern Wolken und atmosphärische Störungen den Datenverkehr. UWE-3 soll den Würzburger Wissenschaftlern wichtige Erkenntnisse liefern, um die gängigen Internetprotokolle an diese Bedingungen anzupassen.
Fortschritt
Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern ist UWE-3 steuerbar. Ein installiertes Schwungrad schafft es mit Hilfe des Magnetfelds der Erde, den Satelliten zu drehen. Möglicherweise besitzt er auch schon eine Kamera, um Bilder von der Erde zu liefern.
Kosten
Die Entwicklung von UWE-3 ist im Vergleich zu den großen Satelliten der Luft- und Raumfahrtkonzerne ein Schnäppchen. An reinen Materialkosten fallen rund 40 000 Euro an. Allein der Transport mit einer Rakete ins All kostet doppelt so viel. Doch UWE-3 soll im Dezember mit der europäischen Trägerrakete Vega starten. Da es ihr Jungfernflug sein wird, ist der Transport laut UWE-Projektleiter Klaus Schilling kostenlos - das "Ergebnis langer Verhandlungen". zl