Wo viel Licht ist, ist starker Schatten
Autor: Eric Leimann
, Dienstag, 25. November 2025
Zweiter Fall für Melika Foroutan und Edin Hasanovic in Frankfurt. Auf "Dunkelheit" folgt der "Tatort: Licht". Heiter wird es dadurch im Keller für Altfälle nicht: Eine Mutter (Maren Eggert) sucht seit sechs Jahren nach ihrer vermissten Tochter. Ein obskurer Hinweis lässt die Frau hoffen.
"Wo viel Licht ist, ist starker Schatten", sagte Johann Wolfgang von Goethe - berühmtester Sohn der Stadt Frankfurt. Noch nicht ganz so bekannt dürfte deutschen Fernsehzuschauern nach dem grandiosen Debütfall "Dunkelheit" das neue Frankfurter "Tatort"-Ermittlerteam sein: Maryam Azadi (Melika Foroutan) und Hamza Kulina (Edin Hasanovic) sind zwei Ermittler, die im Keller ihres Kommissariats Altfälle bearbeiten. Ein solcher kommt auch im "Tatort: Licht" auf sie zu. Anna Reiter (Maren Eggert, früher Axel Milbergs Partnerin beim "Tatort" in Kiel) vermisst seit sechs Jahren Viktoria. Annas labiler Partner von damals verschwand damals mit der gemeinsamen Tochter.
Die wahrscheinlichste Theorie lautet: erweiterter Suizid im Main - doch die Leichen der beiden wurden nie gefunden. Anna lebt als Geist in einer neuen Beziehung mit kleinem Sohn, doch die Vergangenheit lässt die gepeinigte Frau nicht los. Anna Reiter startet einen Aufruf über Social Media, daraufhin meldet sich ein Mann, der behauptet, er wüsste, dass Viktoria am Leben sei. Maryam Azadi, die Viktorias Fall damals bearbeitete, rät Anna Reiter dringend davon ab, sich mit dem Informanten zu treffen - und ihm eine stattliche Belohnung zu zahlen. Doch dann gibt es einen Toten, und Anna Reiter ist spurlos verschwunden. Wurde die traumatisierte Mutter selbst zur Mörderin?
Drehbuchautor Senad Halilbašić war bereits Teil des Autorenteams für den "Tatort: Dunkelheit". Fall zwei aus Frankfurt hat er nun alleine geschrieben, sich dabei aber wiederum von Gesprächen mit echten "Cold Case"-Ermittlern inspirieren lassen. Deren Arbeit sei vor allem von zwei Arten Fällen geprägt, erklärt der Autor: ungeklärte Todesfälle wie in "Dunkelheit" sowie Langzeitvermisste, wie im "Tatort: Licht". Dazu erzählt Senad Halilbašić: "Zwar werden die meisten (vermisste Kinder, d. Red.), oft nach illegalen Auslandsmitnahmen im Trennungskontext, schnell aufgeklärt - doch es gibt eben auch jene tragischen Fälle, in denen Kinder spurlos verschwinden." Einen solchen Fall erzählt der "Tatort: Licht".
Wann wird Hoffnung toxisch?
Ganz so wuchtig und beeindruckend wie "Dunkelheit" ist "Licht" nicht, dafür schlägt der Fall - übrigens diesmal keine wahre Geschichte - ein paar erzählerische Kapriolen zu viel. Dennoch zeigt auch der rasche Nachfolger nach dem Erstling vom 5. Oktober, dass der Hessische Rundfunk mit dem Duo Melika Foroutan und Edin Hasanovic einen echten Trumpf in der Hand hält. Einer, der auch mittelprächtige Drehbücher zum Glänzen bringen kann.
Die beiden Schauspieler - obwohl altersmäßig ein gutes Stück auseinander - kennen und schätzen sich seit der Kultserie "KDD - Kriminaldauerdienst" (2007-2010 im ZDF), die sie beide bekannt machte. Auch im "Tatort: Licht" (Regie: Rick Ostermann) wirken die Warmherzigkeit, der Respekt und die Empathie der beiden Kellerkinder, die es wie sonst kaum ein Ermittlerteam schaffen, mit den Opfern respektive Angehörigen mitzuempfinden.
So gibt es genau wie in "Dunkelheit" die stille Umarmung eines Ermittlers mit einer Angehörigen. Ein Moment, der emotional durch den Bildschirm transzendiert und auch Zuschauern irgendwie Trost spendet. "Ich wollte einen Film über Hoffnung schreiben", sagt auch Autor Senad Halilbašić - übrigens wie Schauspieler Edin Hasanovic als Kind dem Bosnienkrieg entflohen. "Hoffnung ist ein zentrales Element in der Arbeit an Cold Cases. Mich interessierte dabei auch die Frage, wann Hoffnung toxisch werden kann."
Damit der Krimi nach der beschriebenen Prämisse weiter spannend bleibt, sollte man über die verschiedenen Phasen der Hoffnung, um die es hier über 90 Minuten geht, nicht zu viel vorab wissen. Nur eines: Wer allzu früh nach dem Grund sucht, warum dieser Krimi "Licht" heißt, sollte sich dabei nicht zu tiefgehende Gedanken machen. Nein, dieser Film ist nicht heiterer als der Serienmöderfall "Dunkelheit". Das Licht ist - wahrscheinlich wusste das auch schon Goethe - am Ende trivial. Es ist halt da, und dann kommt es darauf an, was wir Menschen daraus machen.