Druckartikel: "Übertrifft Gaza und die Ukraine zusammen": Lanz macht "nahezu vergessener Krieg" fassungslos

"Übertrifft Gaza und die Ukraine zusammen": Lanz macht "nahezu vergessener Krieg" fassungslos


Autor: Teleschau  

, Freitag, 12. Dezember 2025

Das "mit Abstand größte menschliche Desaster" - und keinen interessiert's? Diesen Eindruck konnte man von einer deprimierenden Podcast-Folge von "Lanz & Precht" bekommen. Besonders die fehlende westliche Initiative zur Beendigung des Krieges im Sudan hinterließ Markus Lanz und Richard David Precht fassungslos.


150.000 getötete Zivilisten und zwölf Millionen Flüchtlinge: Es sind erschütternde Zahlen, die Markus Lanz in der jüngsten Podcast-Folge von "Lanz & Precht" präsentierte. Sie beschreiben aber nicht etwa das Kriegsgeschehen in der Ukraine, sondern die "eines nahezu vergessenen Krieges": den im Sudan. "Was dort stattfindet, das übertrifft Gaza und die Ukraine zusammen", zitierte Lanz in diesem Zusammenhang Tankred Stöbe, den einstigen Präsidenten von Ärzte ohne Grenzen.

"Warum wirkt es so, dass wir irgendwie auf eine seltsame Weise empathischer sind, wenn es um die Ukraine geht?", trieb Lanz eine Frage um. Richard David Precht versuchte sich daraufhin an der Erklärung, dass im "bewusst verdrängten Krieg" im afrikanischen Land der Westen kein politisches Interesse habe: "Wer auch immer da gewinnt, die Regierungstruppen oder eine der Rebellenarmeen, das ist für uns ja Jacke wie Hose."

"Wir sehen da so viel Blut, dass man es im Wüstensand sehen kann aus dem All"

Weil obendrein unsere Moral "auf einen Nahhorizont" festgelegt sei, verfüge man im Westen über eine eingeschränkte "Reichweite unseres Mitgefühls". Aus diesem Versuch eines psychologischen Erklärungsansatzes schloss Precht: "Dann bleibt der Sudan irgendwie übrig." Gleichwohl sei sich der 60-Jährige bewusst, dass im Sudan "mit Abstand das größte menschliche Desaster" stattfinde - inklusive einer schlimmen Hungerkatastrophe und "grausamen Verbrechen gegen die Menschlichkeit".

Lanz verwies an der Stelle an den SZ-Journalisten Arne Perras und andere Sudan-Kenner. "Wir sehen da so viel Blut, dass man es im Wüstensand sehen kann aus dem All", stellte der ZDF-Moderator fassungslos fest. Obendrein würden viele Kinder "durchs Land irren" oder als Kindersoldaten missbraucht werden. "Du nimmst Menschen nicht nur tatsächlich, sondern auch auf einer perversen psychologischen Ebene in Gefangenschaft und sorgst dafür, dass sie ihr ganzes Leben lang aus diesem Trauma nie wieder rauskommen."

Precht munkelt über Waffenlieferungen: "Man will nicht wissen, wie viele Länder dahinterstecken"

Ein Ende des Kriegs scheint im Sudan aber nicht abzusehen. "Der Nachschub an Waffen ist irre. Man will gar nicht wissen, wie viele Länder dahinterstecken", bemängelte Richard David Precht den fehlenden "internationalen Druck": "Wir Europäer könnten ganz maßgeblich dazu beitragen, die Lage zu deeskalieren - wenn wir wollten." Besonders von Sanktionen gegen die Vereinigten Arabischen Emirate - einem der Hauptunterstützer der sudanesischen Rebellenorganisation RSF - verspreche sich Precht viel.

Doch Markus Lanz kam nicht umhin festzustellen, dass es an Initiative aus dem Westen fehle. Er vermutete, der Grund könnte sein, dass "immer mehr Akteure versuchen, an diesem Krieg richtig Geld zu verdienen". 2024 hätten die 100 weltweit größten Waffenproduzenten einen neuen Umsatzrekord aufgestellt. Egal ob es um den Sudan oder andere Krisenherde in Afrika gehe: "Ich höre nichts aus Deutschland, nichts aus Frankreich, nichts aus England." Folglich warf Lanz die Frage auf: "Wir Europäer, die wir doch versuchen wollen, das Gute der westlichen Wertegemeinschaft zu retten: Müssten wir da nicht aktiv werden?"

Lanz konstatiert verzweifelt: "In welche Welt schlittern wir da gerade rein?"

In der Vergangenheit sei man dem Irrglauben und der Anmaßung aufgesessen, von Krieg betroffenen Ländern nach der Befriedung ein demokratisches System überstülpen zu wollen, erklärte Precht. Allein: "Das hat nirgendwo funktioniert." Dennoch betonte er: "Das entbindet nicht von der Verpflichtung, Menschenleben zu schützen, wenn wir denn können." Schließlich habe man etwa im Sudan die Möglichkeit, "eine gigantische humanitäre Katastrophe einzudämmen".

"Krieg führt zu Armut. Armut erhöht wiederum das Risiko für Krieg", benannte Markus Lanz den gefährlichen Teufelskreis, der Warlords ein leichtes Spiel beschere. "In welche Welt schlittern wir da gerade rein, in der es so zu sein scheint, dass es um Moral gar nicht mehr geht?", wendete er sich fragend an seinen Gesprächspartner. Der hoffte darauf, dass die "Phase der Umsortierung" bald vorbei sei: "Vielleicht können wir irgendwann auf diese Zeit zurückblicken als die Gründungsphase eines neuen, anders gearteten, stabilen Ungleichgewichts der Welt." Wirklich hoffnungsvoll klang Richard David Precht jedoch nicht.

Quelle: teleschau – der mediendienst