"Wir haben nicht bis 2029 Zeit!": Rüstungsmanagerin warnt bei "Maybrit Illner" vor Eskalation durch Russland
Autor: teleschau - Doris Neubauer
, Freitag, 19. Sept. 2025
Über Polen und Rumänien fliegen russische Drohnen, in London wird Donald Trump hoffiert wie ein König, um ihn und die USA bei der Stange zu halten. Experten sehen die Situation Europas bei "Maybrit Illner" alles andere als rosig: "Es ist ein wirklich hartes Rennen gegen die Zeit."
Das Jahr 2029 könnte ein entscheidendes Datum für Deutschland und Europa sein. Russland soll bis dahin über ausreichend militärische Kapazitäten verfügen, um großflächig anzugreifen - so steht es zumindest in einem internen Nato-Papier. "Wir haben nicht bis 2029 Zeit!", widersprach jedoch Susanne Wiegand, ehemalige Vorstandsvorsitzende des Rüstungskonzerns Renk und Beraterin des Drohnenherstellers Quantum Systems, in der ZDF-Talkshow "Maybrit Illner".
Angesichts der Entwicklung im Ukrainekrieg und russischer Drohnen über Polen und Rumänien ging es dabei um das Thema "Putins Drohnen, Trumps Spielchen - Europa nicht gerüstet?" Wiegands Befürchtung: Das Eindringen in den Nato-Luftraum sei definitiv kein Versehen gewesen - aber die Nato habe keine effiziente Antworten geben können. Man erkenne schon jetzt, dass es in Europa und der Nato schon rein mengenmäßig massive Sicherheitslücken im Bereich der Drohnenabwehr gebe. "Da sind wir überhaupt nicht schnell genug, und da haben wir massive Defizite." Deshalb werde die Eskalation weitergehen. Da könne man der Bevölkerung nicht sagen, erst 2029 werde sich etwas ändern.
"Es ist ein politisches Datum", stellte Wiegand klar. Ähnlich sieht es der deutsch-amerikanische Ökonom Rüdiger Bachmann: "Es wird nicht dieses eine Datum geben, wo eine Kriegserklärung per Fax geschickt wird und danach befinden wir uns im 3. Weltkrieg", unkte er.
Nur SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner fand das ganz und gar nicht lustig. "Es ist eine Einschätzung der Geheimdienste", redete er sich in Rage, "Daraus zu machen: 'Das glaube ich gar nicht, der Russe kommt früher' - das entscheidet nicht die Rüstungsindustrie, sondern das entscheiden das Parlament und die Politik. Und das ist auch gut so." Wiegand hakte sofort nach: "Dass der Putin kommt, das entscheidet das Parlament? Das entscheidet Putin allein..."
"Nein, was wir machen", fiel ihr Stegner sofort ins Wort, "das entscheiden nicht die Russen, Gott sei Dank, sondern das entscheidet die Politik." Deren Aufgabe müsse sein, künftige Kriege zu verhindern - wiederholte er, was er und seine Co-Autoren im "Manifest" der SPD-Linken mehrfach betont hatten.
Dafür brauche man "glaubwürdige Abschreckungsfähigkeit", widersprach Wiegand erneut und zählte neben militärischer Fähigkeit und dem politischen Willen, diese einzusetzen, eine fähige Industrie, die Nachschub organisiere, sowie eine resiliente Gesellschaft auf. "Wenn wir diese vier Faktoren haben, wird kein Aggressor entscheiden, das Land anzugreifen. Genau das haben wir im Moment nicht", fiel das Urteil der Expertin ernüchternd aus. Trotz der beschlossenen Haushaltsausgaben für Drohnen sei gerade Deutschland "nicht in der Konsequenz und Geschwindigkeit unterwegs, die wir brauchen", warnte sie vor weiteren Eskalationsschritten Russlands.
"Wir müssen schneller werden", gab auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Norbert Röttgen (CDU) zu und forderte an der Nato-Ostflanke einen Drohnenwall gegen Russland. Seiner Einschätzung nach würde Putin die Amtszeit des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump ausnutzen, um die Nato zu spalten. "Es ist ein wirklich hartes Rennen gegen die Zeit", meinte er.