"Wir werden Verluste und Mangel zu verteilen haben": Top-Ökonom spricht bei Illner unangenehme Renten-Wahrheit aus
Autor: teleschau - Doris Neubauer
, Freitag, 07. November 2025
Riesenproblem Rente: Beim Thema "Umstritten, teuer, ungerecht - wie ist die Rente noch zu retten?" wird selbst Maybrit Illners ZDF-Talkshow am Donnerstagabend zur Arena für "unschöne Schaukämpfe". Die unangenehme Wahrheit sprechen eine Journalistin und ein Top-Ökonom aus.
Beide sind 34 Jahre alt und hätten als normale Arbeitnehmer noch fast ebenso viele Arbeitsjahre noch vor sich, zumindest wenn das gesetzliche Renteneintrittsalter von 67 Jahren bleibt: Dass es auf 70 Jahre erhöht wird, kann sich SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf nicht vorstellen. "Es wird irgendwann kommen, dann natürlich mit Ausnahmen für Menschen, die körperlich besonders hart arbeiten", sah das Johannes Winkel, Bundesvorsitzender der Jungen Union, anders. Auch sonst äußerten die Politiker im ZDF-Talk von Maybrit Illner zum Thema "Umstritten, teuer, ungerecht - wie ist die Rente noch zu retten?" unterschiedliche Ansichten - insbesondere, was das Rentenpaket von SPD-Ministerin Bärbel Bas und das darin vorgesehene garantierte Rentenniveau von 48 Prozent bis mindestens 2031 betrifft.
Dass der Nachhaltigkeitsfaktor zulasten der jungen Generation weiter ausgesetzt werde, "ist bitter genug für uns", klagte Winkler, der sich als einer von 18 jungen CDU-Abgeordneten dagegen wehrt. Allerdings ginge der Gesetzesentwurf über die Zeit von 2031 hinaus und verursache Folgekosten für 2032 bis 2040 in enormer Höhe. "Wenn es kleine Beträge sind, okay, aber Folgekosten von über 118 Milliarden Euro sind weder generationengerecht noch vernünftig", so der CDU-Politiker.
"Warum habt ihr da nicht Rabatz gemacht?"
"Wir schauen alle auf Zahlen", wollte Klüssendorf das Geld nicht als Almosen oder als zum Fenster hinausgeschmissene Geschenke verstanden wissen. Es handele sich um hart erarbeitete Altersvorsorge. "Wir wollen nicht nur Stabilität bis 2031, sondern darüber hinaus", sprach er sich für die Haltung des Rentenniveaus aus. Statt über Kürzungen zu reden, sei er bereit, über Reformen wie die Einbeziehung ausgenommener Berufsgruppen wie Selbstständige zu diskutieren.
"Wenn das Rentenniveau gesichert ist, dann profitieren diejenigen, die mittlere und guten Renten haben", konnte er damit bei Journalistin Julia Friedrichs, die sich für die Dokumentation "Die Wahrheit über unsere Rente" damit auseinandergesetzt hatte, nicht punkten. "Ich wundere mich, wo die Jungen aus der SPD sind?", kritisierte die Filmemacherin weiter. Sie habe die Partei als die der heutigen und zukünftigen Arbeiter verstanden, nicht nur als Partei derjenigen, die einmal gearbeitet haben.
Doch auch Winkel bekam von der Journalistin sein Fett ab: Sie finde den Widerstand der jungen Unionspolitiker richtig, "aber Sie sind spät dran", hätte sie sich diese Gegenwehr bereits bei der von Markus Söder eingeforderten Mütterrente gewünscht: "Warum habt ihr da nicht Rabatz gemacht? Warum habt ihr Söder nicht ins Lenkrad gegriffen?" Überhaupt seien solche "Schaukämpfe unschön", schließlich kündigen Ökonomen seit Jahrzehnten an, dass die Rente ein "Riesenproblem" sei. Da "sehenden Auges hineinzulaufen, ist fatal und fahrlässig!", urteilte Friedrichs.
Ökonom Clemens Fuest: "Entweder überlastet man die junge Generation oder wir haben Zumutungen für die Älteren"
Die Rente sei ein Kettenbrief, brachte Clemens Fuest, Präsident des Münchener "ifo-Institut", einen drastischen Vergleich ein: "Es ist einfach nichts da. Und wenn man keine oder zu wenig Kinder bekommt, dann gibt es nichts zu verteilen. Da gibt es keine guten Botschaften. Entweder überlastet man die junge Generation oder wir haben Zumutungen für die Älteren", fand der Ökonomen bei "Maybrit Illner" klare Worte.
Zum Thema Rente gebe es seiner Ansicht nach keine guten Botschaften - weder für die junge Generation, noch für die Ältere. "Was nicht gut ist, sich in einem Gesetz auf etwas festzulegen, das erst ab 2032 kommt", stimmte er zumindest teilweise der Kritik der Jungen Union zu und wollte das Thema in den Wahlkampf 2029 verschieben. Eine leichte Lösung gebe es aber nicht: "Wir werden Mangel zu verteilen haben, wir werden Verluste zu verteilen haben. Es ist ganz wichtig in einer Gesellschaft, offen darüber zu sprechen, denn es sind relativ harte Entscheidungen", machte er allen Anwesenden und dem TV-Publikum bewusst.