"Wir reden ja alles kaputt": In Harald Leschs Klima-Doku wirkt selbst Texas "grüner" als Deutschland
Autor: teleschau - Jens Szameit
, Dienstag, 05. August 2025
Im Öl-Staat Texas gibt es einen Boom der Erneuerbaren - und in Deutschland? Da wird die Energiewende nach der Salamitaktik vorangetrieben, wie es in einer neuen Klima-Doku von und mit ZDF-Professor Harald Lesch heißt. Ein Gesprächspartner geht mit dem "Nörglerland" hart ins Gericht.
Gleich zwei Doku-Teile zum Stand des Klimaschutzes in Deutschland hat Harald Lesch gedreht. Da erkennt man sofort die didaktische Ader des Universitäts-Professors aus München.
Im ersten Teil, der vergangene Woche im ZDF gesendet wurde, wandelte Lesch bedrückt über vom Waldbrand zerstörtes Gelände ("So stellt man sich die Apokalypse vor!"). So etwas schärft beim Publikum die Sinne. In Teil 2 nun wechselt die Perspektive von der drastischen Zustandsbeschreibung zur Problemlösung. "Freundliches Klima - so kriegen wir's hin" ist dieser Aufbruch vermittelnde "Terra X"-Film überschrieben.
Recht hat Harald Lesch ja, wenn er sagt: "An Ideen fehlt es nicht." Warum nicht die Moore, Grasflächen und Wälder renaturieren? Es wäre in Summe ein "gigantischer Kohlenstoffspeicher" - wenn, ja, wenn nicht all diese einstigen Naturflächen umgewidmet wären für Städte, Landwirtschaft und Infrastruktur. Dennoch ist sich Lesch sicher: "Beim natürlichen Klimaschutz steckt eine riesengroße Chance."
"Das Öl-Dorado schlechthin setzt auf Erneuerbare - wer hätte das gedacht?"
Und wie sieht es aus mit technischen Innovationen? Die ZDF-Kamera schwenkt über eine Anlage auf Island, die CO2 aus der Luft absondert und im Boden verklappt. Solche Methoden "könnten entscheidend zur Rettung in der Klimakrise beitragen", kommentiert der TV-Gelehrte die Bilder. Und wieder folgt ein Aber: "Noch sind die Ideen zu aufwendig und zu teuer. Sie erinnern an den berühmten Tropfen auf den heißen Stein."
Das Problem, so Lesch, müsse an der Wurzel gepackt werden, und das seien die gigantischen Treibhausgas-Emissionen, verursacht vor allem in der Industrie. Kein Land emittiert so viel wie China, wird man im ZDF-Film erinnert. Allerdings nehme auch kein anderes Land so viele neue Solar- und Windkraft-Anlagen in Betrieb. Lesch vermutet dahinter vor allem wirtschaftliche Motive: "Die Erneuerbaren sind eben effizienter und billiger, und der Markt hat entschieden."
Ein überraschendes Schlaglicht fällt in dem Zusammenhang auf Texas, den US-Bundesstaat, der mit Öl- und Gasförderung reich geworden ist. Ein katastrophaler Kälteeinbruch vor einigen Jahren habe die nicht winterfeste Energie-Infrastruktur kollabieren lassen. In der Folge habe man trotz der allgegenwärtigen "Dunkelflaute"-Mahnungen in ein alternatives Energienetz investiert. Ein regelrechter Boom um Energiespeicher habe die Kapazitäten um das Zehnfache wachsen lassen, Wind- und Solar-Anlagen profitierten. Lesch staunt: "Texas, das Öl-Dorado schlechthin, setzt auf Stromspeicher und Erneuerbare - wer hätte das gedacht?"
"Dieselautos und Braunkohlebagger werden wir in 20 Jahren nicht mehr verkaufen"
Damit ist der perfekte Kontrast zur Lage in Deutschland gezeichnet. Hier wurde der Energiespeicher-Ausbau jahrelang verschlafen, wie Leschs Gesprächspartner Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesyteme an der HTW Berlin, klagt. Kein Wunder, wenn bis vor Kurzem Netz-Entgelte sowohl fürs Be- als auch fürs Entladen fällig wurden. Lesch kann das Versäumnis bei der Speicher-Infrastruktur nicht fassen: "Das muss man doch gleich mitdenken!"