NDR-Programmchef nennt Cancel-Culture-Vorwürfe von Moderatorin Julia Ruhs "absurd"
Autor: Teleschau
, Freitag, 19. Sept. 2025
Massive Kritik kam von der Moderatorin selbst und aus Teilen der Politik: Jetzt verteidigte NDR-Programmdirektor Frank Beckmann die Entscheidung, das Reportageformat "KLAR" ohne Julia Ruhs fortzusetzen. Die Meinungsvielfalt werde nicht geschwächt, sondern "eher verbreitert".
Ein eher randständiges Reportage-Format in den Dritten von BR und NDR schlägt derzeit erstaunlich hohe Wellen. Drei Filme hat die Journalistin Julia Ruhs 2025 unter dem Reihentitel "KLAR" fertiggestellt. Kommendes Jahr soll es weitere drei Beiträge von ihr geben. Allerdings nur noch unter Federführung des BR. Der NDR gab bekannt, für die von ihm produzierten Beitrage eine "Ergänzung zu Julia Ruhs" zu suchen. So weit die Sachlage.
Seither hat sich massive Kritik an der Entscheidung des Norddeutschen Rundfunks entzündet. Julia Ruhs, die sich als konservative Stimme bei den Öffentlich-Rechtlichen zu positionieren versucht, sprach von "Cancel Culture" und einem "Armutszeugnis". Auch aus der Politik kam Kritik: Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erkannte bei einer öffentlichen Veranstaltung ein "extrem schlechtes Signal".
Sein bayerischer Amtskollege Markus Söder (CSU) formulierte ganz ähnlich bei X, die Abberufung der Moderatorin sei "kein gutes Signal für die Meinungsfreiheit". Linken-Politikerin Heidi Reichinnek pflichtete gegenüber dem "Spiegel" bei: "Es ist halt wirklich hochproblematisch, wenn auf Druck von irgendeiner Seite etwas abgesetzt wird."
"Was nicht im Mittelpunkt stehen sollte, ist ein Moderator"
Wenig Verständnis hat man beim NDR für die Vorwürfe in der Causa Julia Ruhs. In einem vom eigenen Haus geführten Interview sagte Programmdirektor Frank Beckmann, die neue Reportagereihe "KLAR" sei als "ein Beitrag zur Meinungspluralität" gedacht gewesen. Von vornherein sei sie so konzipiert worden, "dass wir sie mit mehreren Moderatoren präsentieren können". Wichtig an dem Format seien die Themen. "Was nicht im Mittelpunkt stehen sollte, ist ein Moderator oder ein Präsentator."
"Deswegen", so Beckmann weiter, sei die entstandene Diskussion "für uns auch ein bisschen absurd". Julia Ruhs habe "ja nicht nur die drei NDR-Folgen des Piloten gemacht hat", sondern werde "für den Bayerischen Rundfunk genauso drei Folgen produzieren". Das Einzige, das sich ändere, sei, "dass der Norddeutsche Rundfunk auch noch mal sein Engagement erhöht - auch wir werden jetzt noch einmal drei Folgen dazustellen. Also werden wir 'KLAR' und das Thema Meinungsvielfalt eher verbreitern."
Angesprochen auf den Vorwurf der Cancel Culture entgegnete der NDR-Programmdirektor: "Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen - wir machen ja doppelt so viel! Frau Ruhs wird in genauso vielen Sendungen auftauchen wie in der Vergangenheit. Das Einzige, was wir ihr versagt haben, ist, dass wir nicht möchten, dass sie alleine alle Folgen präsentiert. Das ist eine inhaltliche Entscheidung. Und ich finde, das ist für ein Format, wo es vor allen Dingen um die Inhalte und eben nicht um die Person geht, eine gute Entscheidung."
"Tiefpunkt": Breites Medienecho auf Migrations-Sendung
"KLAR" war erstmals im April dieses Jahres mit einer Ausgabe zum Thema "Migration: Was falsch läuft" auf Sendung gegangen und hatte ein breites Medienecho ausgelöst. Vielfach wurde das Fehlen journalistischer Standards wie nötiger Differenzierung moniert. Der Verein Neue deutsche Medienmacher:innen bezeichnete die Sendung als einen "Tiefpunkt in der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks".