Druckartikel: Nach Steinbrücks Renten-Aussage ist Lanz perplex: "Jetzt habe ich Sie! Das spricht keiner aus!"

Nach Steinbrücks Renten-Aussage ist Lanz perplex: "Jetzt habe ich Sie! Das spricht keiner aus!"


Autor: teleschau - Natascha Wittmann

, Freitag, 19. Sept. 2025

Die Finanzierung des Sozialstaats bereitet Kopfzerbrechen. Linken-Politikerin Janine Wissler forderte bei "Markus Lanz" dennoch mehr Bürgergeld. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) warb um ganz andere Reformen - auch beim Reizthema Rente: "Dafür kriegt man nicht den Beifall des Saales."


Die Frage, wie der deutsche Sozialstaat künftig finanziert werden kann, beantwortet sich dieser Tage nicht von selbst. ZDF-Moderator Markus Lanz wollte am Donnerstagabend in seiner Sendung wissen: "Wie geht es weiter mit dem Sozialstaat?" Eine Frage, die Linken-Politikerin Janine Wissler nur schwer beantworten konnte.

Die ehemalige Parteichefin warnte vor einer verschobenen Debatte und sagte: "Darüber zu diskutieren, dass die Bürgergeldbezieher weniger haben müssen, davon hat doch gar niemand etwas." Wissler ergänzte, dass sich das Leben der alleinerziehenden Verkäuferin nicht verbessere, "indem andere weniger haben. Ganz im Gegenteil". Stattdessen müsse laut der Politikerin über etwas anderes gesprochen werden, nämlich: "Wie können wir die Lebensbedingungen verbessern und wie können wir vielleicht mal über die reden (...) - die da oben, die sehr viel Vermögen zusammenballen".

Ein Argument, das den ZDF-Moderator offenbar kaltließ. Er stichelte in Richtung Wissler und merkte an, dass "nicht ein einziges Mal (...) das Stichwort Zuwanderung jetzt gefallen" sei. Grund genug für Lanz, in Bezug auf das Parteiprogramm der Linken kritisch nachzuhaken: "Sind Sie weiter für unbegrenzten Zuzug?" Janine Wissler antwortete deutlich: "Vollkommen klar ist, dass wir in Deutschland (...) Zuwanderung brauchen und dass wir aufhören müssen, Migration (...) erst mal als ein Problem zu sehen. Diese ganze Gesellschaft würde zusammenbrechen ohne Migration."

Markus Lanz reagiert verblüfft: "Das heißt, Sie wollen mehr Bürgergeld?"

Als Lanz dagegenhielt, wetterte die Politikerin weiter, dass es gar "keinen unbegrenzten Zuzug" gebe. Doch genau aus dieser Wortwahl ziehe die AfD ihre Stärke. Janine Wissler kritisierte, "dass wir eine in Teilen vollkommen hysterische Debatte über Zuwanderung führen".

Den Vorwurf wollte Lanz nicht unkommentiert lassen. Er fragte: "Wir haben nur eine hysterische Debatte? Wir haben kein Problem mit Migration?" Janine Wissler geriet daraufhin ins Schwimmen und sagte: "Migration ist mit Herausforderungen verbunden, selbstverständlich. Wir brauchen Sprachkurse, wir brauchen Wohnungen, wir brauchen Zugänge zum Arbeitsmarkt." Eine Forderung, die Lanz nüchtern kommentierte: "Haben wir ja alles nicht!"

Er fragte Wissler deshalb: "Wollen Sie mehr Sozialstaat?" Die Politikerin antwortete prompt: "Ja natürlich brauchen wir mehr Sozialstaat!" Lanz zeigte sich abermals erstaunt: "Das heißt, Sie wollen mehr Bürgergeld?" Janine Wissler reagierte zwar mit einem energischen "Selbstverständlich!", fügte jedoch hinzu, dass es dafür auch "Sozialstaatsreformen" brauche.

Peer Steinbrück warnt: "Wenn wir nicht aufpassen, wird dieser Sozialstaat zum Sozialfall"

Der zweite "Markus Lanz"-Gast des Donnerstagabends, SPD-Politiker Peer Steinbrück, hielt mit skeptischem Blick dagegen und merkte an: "Wir müssen uns die Frage stellen: Wie sieht es mit der Erwirtschaftungsseite aus, um dann diesen Sozialstaat zu finanzieren?" Der frühere Kanzlerkandidat warnte: "Wenn wir nicht aufpassen, wird dieser Sozialstaat zum Sozialfall."

Moderator Lanz wollte daraufhin konkrete Beispiele hören, wie der Sozialstaat reformiert werden könnte: "Werden wir das Renteneintrittsalter an die gestiegene Lebenserwartung koppeln müssen?" Der Ex-Bundesfinanzminister antwortete vorsichtig: "Zum Beispiel." Eine Aussage, die den ZDF-Moderator sichtlich überraschte: "Da reißen Sie jetzt die Augen auf. Da habe ich Sie jetzt. Aber das spricht keiner aus!"

Janine Wissler will "große Wohnungskonzerne enteignen"

Peer Steinbrück nickte und erklärte: "Das ist unbequem, dafür kriegt man nicht den Beifall des Saales." Der SPD-Mann fügte hinzu: "Diejenigen, die Solidarleistungen empfangen, dürfen gefordert werden. Und sie dürfen dahingehend gefördert werden, so schnell wie möglich die Solidargemeinschaft wieder zu entlasten."

Eine Meinung, die Janine Wissler nicht ganz teilen mochte: "Ich bin der Meinung, dass man große Wohnungskonzerne enteignen sollte." Als Lanz sprachlos fragte, wie sie das machen wolle, sagte Wissler schwammig: "Diese riesigen Wohnungsbestände, die gehören in die öffentliche Hand. Also es kann doch nicht sein, dass die Menschen sich die Miete nicht mehr leisten können."

Nicht nur der ZDF-Moderator, sondern auch Steinbrück hielt dagegen. "Wir werden Verteilungsprobleme berücksichtigen müssen, aber die klassischen Gräben auszuheben mit Blick auf diese Verteilungskämpfe helfen, glaube ich, unserem Land nicht", sagte der Ex-Bundesfinanzminister. Er mahnte in dem Zusammenhang: "Wenn diese Bundesregierung die zentralen Fragen und Probleme, die wir haben, in einer großen Koalition nicht zu lösen vermag, dann wird (...) das Vertrauen in die Regierungsfähigkeit (...) eines demokratisch-parlamentarischen Systems gelinde gesagt nicht gestärkt."