Klingbeil wird bei "Miosga" deutlich: Deutsche Infrastruktur ist "peinlich"

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"Caren Miosga"
Caren Miosga sprach mit Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil auch über das Sondervermögen für die deutsche Infrastruktur.
ARD/Thomas Ernst
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Lars Klingbeil lobt die außenpolitischen Verdienste von Donald Trump. Gleichzeitig bereiten ihm die innenpolitischen Entwicklungen in den USA Sorgen.
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Wirtschaftsweise Monika Schnitzer kritisiert die Finanzpolitik der Bundesregierung.
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Caren Miosga (zweite von links) diskutierte mit (von rechts) dem Leiter des ARD-Hauptstadtstudios Markus Preiß, der Wirtschaftsexpertin Monika Schnitzer und Vizekanzler Lars Klingbeil vor allem über finanzpolitische Fragen.
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Die Infrastruktur in Deutschland befindet sich laut Vizekanzler Lars Klingbeil in einem "peinlichen" Zustand. Um das zu ändern will die Bundesregierung viel Geld in die Hand nehmen - und trotzdem muss sie sparen. Auch über die Lage im Nahen Osten und die Reform des Bürgergelds spricht Caren Miosga am Sonntagabend mit dem SPD-Chef.

Deutschland soll schöner und sicherer werden. Damit bald Schulklos in neuem Glanze erstrahlen und Autobahnbrücken nicht mehr vom Einsturz bedroht sind, nimmt die Bundesregierung viel Geld in die Hand. 500 Milliarden Euro umfasst das Sondervermögen, von dem neben der Infrastruktur auch die Bundeswehr und die Kommunen profitieren sollen. Wie das Geld seinen Weg in die richtigen Hände findet, soll am Sonntagabend Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) bei "Caren Miosga" im Ersten erklären.

Doch zunächst geht es um das Thema, das seit einigen Tagen die Menschen weltweit umtreibt: Im Gazastreifen gilt eine Waffenruhe, Frieden ist in Sicht. Den Plan dafür hat die US-Regierung unter Präsident Donald Trump ausgearbeitet, nachdem dieser sich zuvor bei seinem Bemühungen um einen Frieden in der Ukraine am russischen Präsidenten Wladimir Putin die Zähne ausgebissen hat.

"Ich möchte gerne Hoffnung haben", sagt Klingbeil am Sonntagabend zur der Lage im Nahen Osten. "Es ist insgesamt eine Woche, die auch mir viel Hoffnung gibt, dass es jetzt zu einem Frieden kommen kann, und dass wir darauf auch einen nachhaltigen Frieden aufbauen. Und wenn die Geiseln jetzt zeitnah freikommen, dann wäre das ein wirklich wichtiges Zeichen der Hoffnung." Insgesamt sollen sich noch 22 Geiseln in den Händen der Terrororganisation Hamas befinden, davon sechs mit deutscher Staatsangehörigkeit. Geiseln, so Klingbeil, deren Familien seit zwei Jahren um sie bangen. "Was muss das für ein unerträgliches Leid gewesen sein, das die Geiseln selbst erlebt haben?" fragt er.

Kein Friedensnobelpreis für Donald Trump

Dass US-Präsident Donald Trump ein besonderes Verdienst an dem Frieden im Nahen Osten hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Das erkennt auch Klingbeil an. Dennoch hält Klingbeil nichts davon, dass Trump für seine Verdienste im Nahen Osten mit dem Friedensnobelpreis geehrt werden könnte. "Wenn ich mir die innenpolitische Situation in den USA anschaue, dann ist das alles andere als befriedet. Da gibt es gerade eine wahnsinnige Polarisierung. Und ich glaube, so etwas wird dann auch berücksichtigt bei einer solchen Entscheidung." Außenpolitisch habe Trump mit dem Frieden im Nahen Osten viel erreicht, doch die innenpolitische Situation in den USA sei bedenklich. "Wenn dort Fernsehsendungen abgesetzt und Oppositionelle diskreditiert werden, ist das eine Situation, wo ich als jemand, der in den USA gelebt hat und dieses Land liebt, mir Gedanken mache und sage, das ist nicht die USA, wie ich sie kenne."

Ein weiteres Thema der vergangenen Woche ist die Reform des Bürgergeldes. Das soll nun "neue Grundsicherung" heißen. Wieviel Geld die Bundesregierung durch die Reform einsparen will, verrät Klingbeil nicht. "Wir brauchen einen Sozialstaat, der sich kümmert um Menschen, denen es nicht gut geht", sagt er. Man habe aber auch "in den letzten Jahren beim Bürgergeld gesehen, dass es Missbrauch gibt, dass es Dinge gibt, die ich nicht unter dem Gerechtigkeitsaspekt verkaufen kann". Etwa wenn jemand wiederholt Termine im Jobcenter nicht wahrnehme, nicht arbeite trotz der Fähigkeit dazu oder Arbeit schwarz verrichte. Das wolle die Bundesregierung ändern. Wichtig sei, dass das Bürgergeld gerechter werde. "Wer sich nicht an die Regeln hält, der kriegt auch Sanktionen", so Klingbeil.

Wirtschaftsweise kritisiert "Ausdehnungen statt Einschnitte"

Dann kommt Caren Miosga auf das eigentliche Thema zu sprechen: 500 Milliarden Euro will die Bundesregierung in die Infrastruktur stecken, "Weil wir mittlerweile eine Infrastruktur haben, die einem ja peinlich ist", wie Klingbeil deutlich formuliert. Dabei habe man vor 30 Jahren noch auf die deutsche Infrastruktur stolz sein können. Er verteidigt die Investitionspläne der Bundesregierung, die er als notwendig ansieht.

100 Milliarden von dem Geld sind für die Kommunen vorgesehen. Der Alltag der Bürger solle sich verbessern, verspricht Klingbeil. Doch das ist vor allem Sache der Städte und Gemeinden. Die fürchten, dass zu wenig von dem Geld bei ihnen ankommt. Das Geld soll auf zwölf Jahre aufgeteilt werden. Damit kann man nicht viel helfen. Das hat auch Klingbeil erkannt. Er setzt darum auch auf die Beschleunigung von Verfahren, also dass Reparatur- oder Baugenehmigungen schneller erteilt werden. "Da müssen wir noch schneller werden", stellt der Vizekanzler fest. Die Kommunen seien strukturell benachteiligt, sagt auch Wirtschaftsweise Monika Schnitzer. Klingbeil stimmt zu. Deswegen müssten die Aufgaben für die Kommunen reformiert werden. Daran arbeite die Bundesregierung.

Trotz des hohen Investitionsprogramms gibt es zu wenig Geld im Bundeshaushalt. Eigentlich müsste gespart werden, doch mit der Mehrwertsteuersenkung im Gastrobereich oder der Mütterrente verteilt die Bundesregierung munter Wahlgeschenke. Monika Schnitzer kritisiert das. "Ich höre bisher nur von Ausdehnungen statt von Einschnitten." Auf diese Einschnitte müsse die Bevölkerung vorbereitet werden, habe Klingbeil gefordert. "Aber man muss offensichtlich auch seine Koalitionspartner darauf vorbereiten, dass es so nicht weitergeht. Wenn man diese Ehrlichkeit noch nicht einmal in der eigenen Koalition hat: Wie soll man das dann den Menschen vermitteln können?", fragt Schnitzer provokant.

Klingbeil will sparen und träumt davon, sich auch am Geld von reichen Menschen zu bedienen. Das will die Union aber nicht. Dennoch verspricht der SPD-Politiker: Einen Koalitionskrach soll es deswegen nicht geben. "Mir geht es darum, eine Lösung zu finden", sagt er am Ende der Sendung.