Landwirt klagt in NDR-Doku über Nutria-Schäden - Tierschützerin spricht von "Hexenjagd"
Autor: Franziska Wenzlick
, Dienstag, 16. Dezember 2025
Nutrias gelten als Bedrohung - vor allem für den Hochwasserschutz. Während ein Landwirt in einer neuen Reportage des NDR von einem "Fiasko" durch die Nager spricht, empört sich eine Tierschützerin über die Jagd auf die invasive Art.
Robert Nicolai hofft, dass es "in fünf oder zehn Jahren" keine Nutrias mehr in Deutschland geben wird. Ob der Wunsch des Jägers realistisch ist? Aktuell scheint die Nutria-Population hierzulande stetig weiterzuwachsen. In der "Panorama"-Reportage "Nutrias im Norden - Wie gefährlich sind die Nager?" gesteht der Geschäftsführer des Unterhaltungsverbands Kehdingen: "Die Auswirkung von dem Tier macht mir Angst."
Damit ist Nicolai nicht allein. Die Biberratten gelten unter anderem als Bedrohung für den Hochwasserschutz, weil sie ihre Bauten bevorzugt in Uferböschungen graben und dort bei Fluten Brüche verursachen können. Der Hamburger Landwirt Heinz Wulff berichtet zudem von Ernteausfällen, die die Nutrias durch den Verzehr von Raps verursacht hätten: "Für mich ist es ein Fiasko und macht mich psychisch auch fertig, weil ich dem machtlos ausgesetzt bin. Ich kann nichts tun, um sie loszuwerden und den Schaden zu minimieren."
Tierschützerin glaubt: "Es geht darum, zu hetzen"
Auch Wilhelm Ulferts hat eine "gewisse negative Einstellung zum Nutria", wie er in der Sendung einräumt. "Es ist kein Kuscheltier", sagt der Oberdeichrichter des Deichverbandes II. Meile Alten Landes. Prävention sei wichtig, aber mit wenig Ruhm verbunden, wie er erklärt: "Solange die Deiche hier halten, gibt es auch nix zu meckern. Wenn sie mal nicht mehr halten, muss es einen Schuldigen geben - und der steht hier vor Ihnen. Das sind Sachen, die eigentlich nicht nötig wären, wenn wir diese Arten hier nicht hätten."
Dass die einst als Pelztiere aus Südamerika importierten Nager deshalb gezielt gejagt werden, kann Vanessa Haloui hingegen nicht gutheißen. "Es geht nicht darum, Wahrheiten zu verbreiten", glaubt die Tierschützerin. "Es geht darum, zu hetzen. Eine Hexenjagd zu führen wie im 16. Jahrhundert mit Mistgabeln, darum geht es." In ihrer Auffangstation für verletzte und verwaiste Wild- und Haustiere nahmen Haloui und ihre Kollegen in den vergangenen Jahren immer mehr Nutrias auf - Tendenz steigend.
"Es werden immer mehr Tiere, auch aufgrund des Abschusses. Weil dann eben Jungtiere zurückbleiben und die dann schreiend durch die Gegend wandern und nach der Mutter suchen", berichtet die Vorsitzende des Vereins Looki e.V., die sich der Gefährdung durch Nutrias durchaus bewusst ist: "Natürlich gehören sie hier nicht her. Aber wir müssen doch einen ethischen Umgang damit finden als Mensch, weil wir sie auch hierher gebracht haben." Haloui fordert: "Wir müssen jetzt korrekt damit umgehen. Nicht durch Abschuss, sondern durch vernünftige Wege wie Sterilisation und Kastration."
"Die größten Schäden verursacht immer noch der Mensch"
Für Helmut Dammann-Tamke, den Präsidenten des Deutschen Jagdverbands, ist das lediglich eine "Idealvorstellung". Angesichts des "enormen Vermehrungspotenzials" der invasiven Art halte er es "für utopisch", die Population nachhaltig mit Kastrationen einzudämmen. Er plädiert indessen dafür, Nutrias "mit aller Konsequenz und mit aller Intensität" zu "verfolgen" und die Ausrottung der Art voranzutreiben.
Den Mittelweg vertritt Frederik Landwehr. Der Biologe und Naturschützer findet: "Man muss die Tiere weder als Haustiere betrachten oder völlig verniedlichen, noch muss man sie verteufeln." Dass der Bestand in der näheren Zukunft auf null sinken könnte, hält er für unwahrscheinlich. Auch deswegen wünscht sich Landwehr eine sachliche Debatte - und gibt zu bedenken: "Nutrias sind nicht für die gesamten Schäden, die in der Natur und Landschaft passieren, verantwortlich. Die größten Schäden verursacht immer noch der Mensch."