"Keine guten Bedingungen": Maybrit Illner nach Experten-Aussagen über USA und Russland in Sorge
Autor: teleschau - Doris Neubauer
, Freitag, 13. Juni 2025
400 bis 500 Drohnenangriffe gegen zivile Ziele in der Ukraine: Statt Sanktionen gegen Russland will die USA Ukraine-Hilfen reduzieren. "Damit müssen wir umgehen", findet Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius im Interview mit Maybrit Illner klare Worte. Nur nicht das mit T ...
"Wir sollen dieses T-Wort ja nicht mehr in den Mund nehmen", meinte Maybrit Illner am Donnerstagabend in ihrer ZDF-Talkshow zum Thema "Putins Rache, Trumps Spiel - kann Europa die Ukraine retten?", und tat dann dennoch genau das. Im Gespräch mit dem SPD-Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nämlich, das vor der Sendung aufgezeichnet wurde.
"Ich habe nie etwas dagegen gesagt, dass das Wort nicht in den Mund genommen werden darf", konterte der lachend, als ihn Illner auf eine Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine ansprach, lenkte aber ein: "Es ist eine legitime Frage." Eine, die seit der Ankündigung des US-Verteidigungsministers Pete Hegseth, die Ukraine-Hilfen zu reduzieren, besonders drängt und die ihm auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi bei seinem aktuellen Besuch in Kiew gestellt hatte. Auf eine positive Antwort wartete dieser jedoch genauso vergeblich wie Maybrit Illner ("es gibt dazu keinen neuen Sachstand, das habe ich ihm heute auch gesagt").
Stattdessen sprach Pistorius von einer geplanten Aufstockung der Sieben-Milliarden-Euro-Ukraine-Hilfen um 1.9 Milliarden Euro, um die ukrainische Rüstungsindustrie anzukurbeln und bis Ende des Jahres Langstreckenwaffen zur Verfügung zu haben. "Aber keinesfalls den Taurus?", kam Illner nochmals aufs T-Wort zu sprechen, und präsentierte Pistorius eine mögliche Begründung: Einige Genossen der SPD - darunter Ralf Stegner - hatten kürzlich in einem "Manifest" eine schrittweise Entspannung und Zusammenarbeit mit Russland gefordert.
"Es gibt andere Gründe", wollte der Bundesverteidigungsminister davon nichts wissen und fand für den Vorstoß seiner Parteikollegen deutliche Worte: "Wie man sich in dieser Phase eine engere Zusammenarbeit vorstellen kann, ist völlig befremdlich." Dass das Manifest aber der Regierung oder gar ihm selbst schaden könnte, nähme er "sehr entspannt": "Ich habe großes Vertrauen in meine SPD, der ich seit 45 Jahren angehöre und in den Teil der Partei, die dem Koalitionsvertrag mit über 80 Prozent zugestimmt hat." Zudem wäre der Umgang mit Russland beim Bundesparteitag vor 1,5 Jahren klar beschlossen worden.
Ebenso gelassen reagierte der Bundesverteidigungsminister auf die angekündigte Reduktion der Ukraine-Hilfen durch die USA: "Damit müssen wir umgehen." Bis vor kurzem wäre im Raum gestanden, die Hilfen ganz einzustellen, gab er zu bedenken, "davon ist jetzt nicht mehr die Rede". Man müsste abwarten, in welchem Ausmaß und in welchem Bereich die Kürzungen stattfänden und ob es von den Europäern kompensierbar wäre.
Diese Diskussionen würde man auf dem NATO-Gipfel in einer Woche genauso führen müssen wie die "Prozentdiskussionen" um die Erhöhung der Verteidigungsausgaben. "Sind wir verteidigungs- und abschreckungsfähig? Das sind die Fragen, vor denen wir stehen", wollte er den Fokus auf Europa gerichtet sehen statt auf die Frage, ob die Amerikaner ein verlässlicher Partner wären. Die Antwort darauf gab er dann doch: "An einem Tag ja, am anderen Nein."
Roderich Kiesewetter (CDU): "Für uns in Europa gibt es zwei Möglichkeiten"
Von schärferen Sanktionen gegen Russland ist jedenfalls derzeit aus Washington keine Rede. Im Gegenteil, US-Präsident Donald Trump zeigt Verständnis für Wladimir Putins massiver Vergeltung auf die ukrainische Operation "Spinnennetz": Die Ukrainer hätten dem russischen Präsidenten einen Grund geliefert, "sie in Grund und Boden zu bomben", sagte Trump. Mit dieser Interpretation konnten weder Pistorius noch die Expertinnen und Experten im TV-Studio allzu viel anfangen: "Die Operation der Ukrainer hat keine Auswirkungen auf die russische Bereitschaft zu einer Lösung zu kommen", widersprach etwa Militärexperte Carlo Masala. Diese hätte es vorher nicht gegeben und würde es auch nachher nicht geben. Putin hätte dem US-Präsidenten immer "Brotkrumen hingeworfen, damit Trump im Prozess involviert bliebe". Nicht aus Interesse an einem Frieden, sondern um die parallel laufenden Gespräche zur "Normalisierung von Russland" aufrechtzuerhalten.