Journalist kritisiert in ARD-Doku Pegida-Berichterstattung: "Die Nazikeule passte nicht"
Autor: Teleschau
, Dienstag, 22. April 2025
Sind Ostdeutsche wirklich "völkisch" und "ausländerfeindlich"? So zumindest werden sie einer KI-Analyse zufolge in den Medien dargestellt. Eine "ARD Story" forscht nach, was es mit den Negativschlagzeilen wirklich auf sich hat.
Ob es sich nun um das "Milliardengrab" der neuen Länder handelt, um die Pegida-Umtriebe oder die überwältigende Ausbreitung der AfD - bereits seit der Wiedervereinigung machte der sogenannte "Osten" immer wieder Negativschlagzeilen in den gesamtdeutschen Medien. Dass dies nicht die ganze Wahrheit ist, legt nun die Dokumentation "ARD Story: Abgeschrieben? - Der Osten in den Medien" (am Dienstag, 22. April, 22.50 Uhr, im Ersten) nahe.
"Wir haben, vor allem wenn es eben um die Berichterstattung über Ostdeutschland geht, viele Stereotype oder sich wiederholende Muster", erklärt die Medienwissenschaftlerin Mandy Tröge im Film. "Zum Beispiel: Rechtsradikalismus, Arbeitslosigkeit, 'Es ist öde', 'Die Ostdeutschen nörgeln'." Diese "Negativ-Narrative" würden vor allem deshalb immer wieder reproduziert, weil sie "gerade für ein westdeutsches Publikum" leicht verständlich seien: "Das muss man nicht groß erklären."
Ein KI-Experiment soll zeigen, welches Bild "der Ostdeutschen" die Medien zeichnen. Zu diesem Zweck haben die Filmemacher eine Künstliche Intelligenz mit Presseartikeln aus 30 Jahren Ost-Berichterstattung gefüttert - und daraus Beschreibungen generieren lassen. "Bodenständig, enttäuscht, nostalgisch, benachteiligt" lauten die Attribute, die die KI Ostdeutschen anhand Berichten aus den 1990er-Jahren zuschreibt.
In den 2000er-Jahren, in der Zeit von Angela Merkel und Tokio Hotel, werden Ostdeutsche deutlich positiver - etwa als "widerstandsfähig" und "unternehmerisch" - beschrieben. 2024 hingegen werden Ostdeutsche der KI zufolge vor allem als "völkisch", "unterrepräsentiert" und "ausländerfeindlich" dargestellt.
"Das waren ja keine 20.000 klassischen Neonazis mit Springerstiefeln"
Doch was ist dran? Haben die Medien an einem falschen Ost-Klischee gestrickt oder lassen sich gewisse Realitäten dann doch nicht leugnen? "Es ist leider so, dass der Osten viel Angriffsfläche bietet, viel Projektionsfläche für Klischees", glaubt Josa Mania-Schlegel. Der in Weimar geborene und aufgewachsene Journalist findet: "Man kann den Redaktionen manchmal gar nicht den Vorwurf machen, dass sie das mitnehmen. Weil man einfach in diesen Extremen, die der Osten da anbietet, und in diesen extremen Bildern, auch viel Stoff findet."
Über eine Bewegung, der vor allem im vergangenen Jahrzehnt viel Aufmerksamkeit zuteilwurde, berichtete auch Ulrich Wolf von der "Sächsischen Zeitung". "Das waren ja keine 20.000 klassischen Neonazis mit Springerstiefeln", erinnert sich der Journalist an die Pegida-Demos. "Ein paar Versprengte waren dabei, ja. Es waren Menschen. Ganz normale Menschen eben, so wie wir ihnen sonst auch als Reporter begegnet sind. Die Leute konnten endlich all das äußern, was sie sonst vermeintlich gar nicht äußern dürfen."
"Faszinierend" findet Ulrich Wolf im Rückblick, "dass wir normalerweise neutral bis wohlwollend über Demonstrationen berichten, weil wir sehen: Hier ist bürgerliches Engagement, hier ist gelebte Demokratie." Im Falle von Pegida sei dies anders gewesen. "In Westdeutschland war das unerklärbar. Und die überregionalen Medien sitzen nun mal überwiegend in Hamburg, Berlin, München und Köln. Es ist halt eine neue Rechte - das ist natürlich für liberal, sozial-liberal, grün-liberal denkende und fühlende Journalistinnen und Journalisten echt schwierig, sich in dieser Welt zurechtzufinden."